Nicht egal! So ist’s bei Christian Springer


Bericht von Niklas Junkermann vom 20.09.2022 18:00 Uhr


Als Kabarettist Christian Springer in der Dischinger Egauhalle am Sonntagabend die alarmierende Weltlage beschrieb, dachte er sicher nicht, dass kurz darauf tatsächlich Alarm ausgelöst würde.

Der Münchner, bekannt aus der BR-Kabarett-Sendung „Schlachthof“, hatte mit ersten Worten in aktuelle politische Themen seines fulminanten Bühnenprogramms eingeführt, als mit rotem Licht und lautem Pfeifen alle Aufmerksamkeit auf ein Alarmsignal in einer Ecke der Egauhalle gelenkt wurde. Doch Christian Springer wäre kein Bühnenprofi, wenn er diese unvorhergesehene Situation nicht mit einer Improvisation meisterhaft zu lösen verstand.

Zuvor leitete Inge Grein-Feil, Vorsitzende der Aktion „Freunde schaffen Freude“, den Abend mit begrüßenden Worten ein und kündigte „Heiteres und Ernstes“ an. Christian Springer wurde dieser Ankündigung in vollem Maße gerecht und lieferte einen schnellen ersten Überblick zum Krieg in der Ukraine, Robert Habeck und dem Kabarett im Allgemeinen. Er schlug eine Brücke zu den 1920er-Jahren und zitierte dabei Erika Mann, die Tochter des Schriftstellers Thomas Mann mit dem Satz, in solchen Zeiten dürfe man nicht Kabarett machen, man müsse es sogar!

Mit humorvollen aber auch ernsthaften Anekdoten zum Wasser sparen und zum Tankrabatt ordnete Springer auch die innenpolitische Lage ein. Das übergeordnete Thema Krieg nahm an diesem Abend einen großen Raum ein und brachte das Publikum in der ansehnlich gefüllten Halle zum Nachdenken. Dabei mahnte er an, dass Kriege schon immer länger dauerten als ursprünglich gedacht. Er verwies auch auf die nicht-militärischen Folgen, die Kriege nach sich zögen, und enthüllte, dass die letzte Rate der deutschen Reparationszahlungen des 1. Weltkriegs erst vor knapp 12 Jahren bezahlt wurde.

Die aktuellen Debatten um Energieerzeugung und -einsparungen nahm er ebenso trefflich kabarettistisch aufs Korn. Springer hielt ein flammendes Plädoyer für die Windkraft und zeigte schonungslos die Widersprüche der bayerischen Politik auf. Gut untermauert mit aktuellen Daten und Fakten wies er unter anderem auf die Gefährlichkeit von Glasscheiben für Vögel im Gegensatz zu Windrädern hin.

Wenn es heißt, dass Kabarett immer den Finger in die Wunde legen muss, dann erfüllte Springer diesen Auftrag am Sonntagabend bravourös. Mit viel Witz und Charme sprach er auch über Moral in der heutigen Zeit – gänzlich ohne selbst belehrend zu sein. Dass man auch öffentliche Persönlichkeiten nicht immer gleich durchschauen könne, wurde deutlich als er eine nur wenig bekannte Geschichte über Mick Jagger, Sänger der Rolling Stones, enthüllte, die dessen Moral auf den Prüfstand stellte.

In seiner Zugabe zeigte Christian Springer auch eine ganz persönliche Seite, indem er einen offenen Brief wieder zum Thema Krieg in der Ukraine vorlas und kommentierte. Das Publikum hing ihm gebannt an den Lippen, die angespannte Stille zeigte die Bedeutungsschwere seiner Worte.

Auf welche Weise nun eine Lederaktentasche bei einem Atomkrieg schützt, und weshalb überkochende Milch eine der schlimmsten vorstellbaren Katastrophen ist, das hingegen kann jeder bei Christian Springers Bühnenprogramm „nicht egal“ selbst herausfinden.