Mit dem Faust aufs Auge – welch eine Wohltat


Bericht von Inge Grein-Feil vom 26.06.2017 16:48 Uhr


Bernd Kohlhepp heizte mit seinen Goethe-Interpretationen in der ARCHE ein


Berdn Kohlhepp einmal als Dr. Faust und auch als Gretchen auf der ARCHE-Bühne.
Berdn Kohlhepp einmal als Dr. Faust und auch als Gretchen auf der ARCHE-Bühne.


In der ausverkauften und sommerlich wohltemperierten ARCHE heizte der vielfach ausgezeichnete Kleinkunstpreisträger Bernd Kohlhepp dem Publikum zweieinhalb Stunden kräftig ein. Wer ihn in den vergangenen Jahren nur als „Hämmerle“ erlebt hatte, war am vergangenen Sonntag in der ARCHE nicht nur überrascht, sondern auch in höchstem Maße erstaunt. In seinem Programm, in dem er gut mit einem Hochleistungssportler verglichen werden konnte –  „Mit dem Faust aufs Auge“ rezitierte er – in rasanten Rollenwechsel mit passenden Accessoires von Dr. Faust, Gott, Mephisto und Gretchen textsicher, originalgetreu und dann wieder zum Brüllen komisch, „Originalgetreu Kohlhepp“. Das deutsche Dichtergenie Johann Wolfgang von  Goethe, dessen „Faust“  seit 1808 in vielen Versionen auf weltweiten Bühnen dargeboten wird, wäre sicher amüsiert über das hintergründige Gedankenspiel und die Interpretationen aus dem 21. Jahrhunderts eines gewissen Bernd Kohlhepp, seines Zeichens Kabarettist und Comedian. Was sich hinter den Wortspielereien, die ganze Sprichwortbände und Kalenderblätter füllen, alles an Aktuellem verbirgt, das lernte das oftmals sprachlos, beglückt glucksende Publikum bei einer schauspielerischen Höchstleistung auf kleinster Kleinkunstbühne kennen. Der Wechsel zwischen Klassik und dem Spiel mit den Besuchern vollzog sich zwar irrwitzig (komisch) und nahtlos. Diese Koketterie war und ist es immer,  die seine Gäste auch an diesem Abend so sehr liebten.

Kohlhepp schlüpft immer wieder in die Rolle eines Lehrers, der mit Goethes Faust im Unterricht alte Bildungsideale verwirklichen will, ja er solle sogar mit diesem Programm in Dubai auftreten. Unsicher stellt er die Frage, ob Gretchen dann in einer Burka im „großen Schwarzen“ auf der Bühne erscheinen soll. Er jedenfalls stellt bei einigen Textpassagen eine gewisse Nähe Goethes zum Islam fest. Nichts blieb an diesem Abend verschont.

Kohlhepp ließ seine Gäste wie Bienen summen, sich im Wind wiegen wie Narzissen und sie zirpen wie Grillen („zirp“- „zirp“). Nur beim Kanon versagten alle zusammen jämmerlich. Und die Meinungen zu dem Ganzen, die verlas Kohlhepp einfach selbst auf den Schulheften „seiner Kinder“, die auf Schullandheimfahrt die ersten Rauschgiftkekse naschten, in Felsspalten fielen und sich den Lippenherpes holten beim altbekannten Flaschendrehen.

An diesem Abend kam er vom Hundertsten ins Tausendste, verwirrte Alt und Jung und brachte die Besucher beim Kokettieren mit den bunten „Bassern und den Basserinnen“ Helmut, Guido, Petra alle zusammen  schnell wieder zurück auf das vom vielen Lachen erzitternde ARCHE-Parkett.

So blieb manchem nach diesem Abend neben Muskelkater vom vielen Beifall auch noch das Erinnern an Kohlhepps schmunzelnde Bemerkung, dass „wenns das Böse nicht gäbe, gäbe es auch das Gute nicht.“ Okey, Goethe war ein Genie,  konnte auch den ganzen „Faust“ auswendig, aber so Kohlhepp, er hatte keine Ahnung, wie ein Smartphone funktioniert.

Das Publikum war begeistert und wer Bernd Kohlhepp am Sonntagabend verpasst hat, reist ihm auf seiner aktuellen Tournee einfach hinterher, denn „Jede Woche eine neue Welt“, verspricht Kohlhepp ganz nach einem bekannten Werbemotto. So gastiert er bereits am 30. Oktober 2017  im Kulturhof Erpfenhausen.