Luise Kinseher als bitterböse Wadlbeißerin


Bericht von fsf vom 31.10.2004 17:10 Uhr


Wichtig ist, wer man ist, wo man zu Hause ist und dass die daheim das auch wissen – Eine Odyssee



Kurz vor der Pointe reißt Luise Kinseher immer die Augen auf. Kneift den Mund zusammen, um dann verzögert mit der Sprache herauszurücken. Mit der Vollblutkabarettistin und ihrem Soloprogramm „Schnop – der Weg ist weg“ ist dem Dischinger Kulturkreis wieder ein „Clou“ gelungen. In der kulturellen Begegnungsstätte ARCHE führt seit ihrem Auftritt eine Wendeltreppe – eine sehr lange, versteht sich – direkt in die Unterwelt. Da studiert Rainer Werner Fassbinder mit Walter Sedlmaier und Max Griesser „Dantons Tod“ ein. Woran man sieht, dass es wirklich die Hölle ist, denn leicht haben es die Drei nicht miteinander. Entdeckt hat dies Kinseher auf ihrem bizzaren Abstecher auf einer Reise, die scheinbar zufällig in die ARCHE nach Dischingen geführt hat.
Sie erzählt fast ohne Atempause und mit brilliantem dramaturgischem Können, wie das Leben zeitweilig verläuft und einen in die abortigsten Abgründe führt. Sie ist ein Naturtalent. Im Gespräch eher zurückhaltend, gibt sie auf der Bühne Vollgas und entpuppt sich als Alleinunterhalterin par excellence, die sich traut die richtigen Fragen zur richtigen Zeit zu stellen. Etwa wieviel Auto wir noch fahren müssen, damit’s mal wieder richtig schön Sommer wird. Im schönsten Niederbayrisch redet sie drauf los. Wir verstehen sie trotzdem und bekommen die abenteuerlichsten Geschichten zu hören. Denn Luise Kinseher präsentiert sich als Lügenbaronin. Was sie erzählt, ist herzerfrischend unglaubwürdig. Eine Flunkerkönigin ist sie, die den Zuschauern in der vollen ARCHE jede Geschichte wie ein Geheimnis offeriert. Dann legt die den Kopf ein wenig schief und beginnt ihre Stimme zu dämpfen, bevor sie berichtet, wie das war, auf der Südseeinsel, mit der Hardvor-Globetrotterin aus Österreich. Dabei schlüpft sie in verschiedene Rollen, äfft und ahmt nach, dass die Zuschauer lachen, bis ihnen die Bäche weh tun. Den Kontakt mit dem Publikum verliert sie dabei nie aus den Augen, und dem lachlustigen Dieter aus der ersten Reihe möchte sie scheinbar am liebsten ins heimische Einfamilienhaus folgen. Stundenlang könnte man zusehen, wenn sie als Unperson Helga im Trenchcoat, mit Sonnenbrille, die Hände über der Brust verschränkt dasteht und mit schiefem Mund ihren Heinz vermisst. Allein damit hat sie sich den Deutschen Kleinkunstpreis, den sie 2002 verliehen bekommen hat, mehr als redlich verdient.
Den stürmischen Beifall des Publikums belohnte sie mit mehreren Zugaben, auch mit einen kleinen lustvollen „Häppchen“ aus ihrem neuen Programm „Glück & Co“, mit dem sie am 16. November 2004 in der „Lach- und Schieß“ in München Premiere hat.