„Es gibt keinen Sprudel mehr“


Bericht von Von Dr. Manfred Allenhöfer, Heidenheimer Neue Presse vom 08.09.2008 00:00 Uhr


Der Kölner Comedian Guido Cantz bot mit „Ich will ein Kind von Dir“ einen flotten Abend in der Dischinger Egauhalle



Eine „Think Big Gmbh“ ist an der Tour von Guido Cantz beteiligt. Und in diesem Sinne freut es einen, auf dem Tour-LKW vor der „surrealistischen Großgarage“ Egauhalle das Örtchen „Dischingen“ zu finden genau zwischen München und Gelsenkirchen


Viel Requisiten braucht der Kölner Comedian Guido Cantz nicht. Lässig stand er auf der Bühne der Egauhalle und reiht die Jokes aneinander. Er bietet flottes Entertainment; die anzüglich lauten Untiefen der Unterhaltung, die als „Comedy“ im Privatfernsehen so erfolgreich ist, meidet er weitgehend

Man muss schon auf sich aufmerksam machen können: Vor dem Eingang zur Dischinger Egauhalle stand nicht nur unübersehbar ein Anhänger des ortsansässigen Partyservices, der für den auftretenden Comedian Guido Cantz die ausdrücklich gelobten „leckeren Maultaschen“ zubereitet hat. Sondern auch der Tour-LKW von Cantz, mit groß aufgedrucktem Tourneeplan für „Ich will ein Kind von Dir“. Und schaut man sich die illustre Reihe von Auftrittsorten an, steht im unteren Drittel zwischen München und Gelsenkirchen – eben Dischingen! Cantz hat in seinem fast dreistündigen Auftritt den Härtsfeldort auch mehrfach angesprochen. Und am Ende versprochen, das „fantastische Publikum“ mal wieder zu beglücken in der „surrealistischen Garage Egauhalle“. Die Dischinger dankten’s mit tosendem Applaus.

Cantz ist Comedian, kein Kabarettist. 36 Jahre ist er alt; auf seine Femseh-Sendungen verweist er mehrfach. In seinem Live-Programm aber vermeidet er allzu platte und schlüpfrige Anspielungen; die flachen Dreistigkeiten seines „jungen“ Genres hat er seinem Dischinger Publikum nicht zugemutet.
Nein, es machte auch den mindestens teilweise etwas älteren und konservativeren Zuhörern sichtlich Spaß, seinen ohne stringenten roten Faden durch die Themen streifenden Monologen zu folgen. Er lässt sich aus über „Vaterfreuden, Mutterglück und andere Katastrophen“ – und vieles mehr.
Langweilig jedenfalls war der Kölner (und Halbschwabe, was er aber nicht weiter nutzte) mit dem markanten Strahlelächeln keinen Moment. „Ich will ein Kind von Dir“ ist eine Suade über die nur teilweise lustvolle Triade: Kinder zeugen – kriegen – haben.
Um Sex geht es, klar – aber dosiert. Dann aber auch um die Lebensumstände, Modele und Empfindlichkeiten jüngerer Deutscher im 21. Jahrhundert. Da muss etwa, im Elternfalle, unbedingt ein „Racer“-Kinderwagen her für 1000 Euro. Da geht es um den „Selbstmord eines Hoden“ oder um meditative Entspannung im Autobahnstau. Vieles wird angeschnitten, wenig vertieft. Manches ist ansatzweise szenisch (ein Frühstück bei McDrive), Cantz bringt auch einige Lieder („Luxusweib“ und „Mörderfrau“). Kulturkritik ist bei Cantz, wenn er feststellt: „Der Sprudel ist weg“ – es gebe nur noch die differenziertesten Wässerchen; und dazu bringt er dann eine Rammstein-Einlage – das war schon eine Wucht!

Meist aber steht er, mit Jeans, Sakko und oft den Händen in den Hosentaschen, auf der Bühne und erzählt, bramarbasiert, witzelt temporeich. Nur kein Durchhänger – das ist auch der TV-Erfahrung des Comedians geschuldet. Und kommt auch auf der Bühne gut. Der Zuhörer hört einfach zu, lacht; nachdenken braucht er weiter nicht.
Doch von synthetischer Glattheit sind Cantz‘ Texte eben, vielleicht bei manchen wider Erwarten, auch nicht.
Cantz gibt auch, zwischen den Zeilen, zu verstehen, dass er Kinder und Kinderhaben eigentlich ganz gut findet. Man glaubt ihm, dass er auch mal welche haben möchte. Und immer wieder nimmt er Kontakt auf zu zwei Frauen im Publikum, die sich als drei- bzw. fünffache Mutter geoutet haben – und das jedenfalls nicht groß zu bereuen hatten; auch da war Cantz von fast erstaunlicher Dezenz.
In der Pause liefen Lieder des unglaublich erfolgreichen Kinderliedermachers Rolf Zuckowski. Und mit dessen „Alle Leute, alle Leute gehen jetzt nach Haus“ beendete er auch seinen regulären Block – und animierte das Ostalb-Publikum in erstaunlichem Maß.
Die Egauhalle war ganz gut besucht; der Dischinger Kulturkreis war’s zufrieden. Und auch Inge Grein-Feil lachte, als der schlagfertige Cantz, der ganz gut zu improvisieren vermag, erklärte: Wenn er wiederkomme, komme einer, der auf der Bühne mehr quassele als sie.
Der Kölner Comedian hat sein Dischinger Publikum mit seinen Späßen ernst genommen. Das wurde mit freudigem Lachen und Beifall gedankt.