Eine Avocado packt aus


Bericht von Siglinde Broich-Bernt, Heidenheimer Zeitung vom 12.06.2019 09:00 Uhr


In der ARCHE in Dischingen gab es das langersehnte und kürzlich schon einmal verschobene Wiedersehen mit dem niederbayerischen Senkrechtstarter Martin Frank.


Hört gern auf seine Großmutter: Martin Frank.
Hört gern auf seine Großmutter: Martin Frank.

Um den jungen Niederbayern ein weiteres Mal aufs Härtsfeld zu locken, so hat sie versprochen, würde Inge Grein-Feil -wenn es denn sein müsste – mit Martin Frank auf der Schwimmnudel durch einen Strömungskanal reiten. Das ist allerdings nur einer der Orte, an denen dem 26-Jährigen die Geschichten zu­fließen. Einfach so.

Frank sammelt in U- und S-Bahn, auf dem Friedhof und dem Wohnungsmarkt, in der Fußgängerzone und im familieneigenen Kuhstall. Aus dem, was die Mitmenschen häufig ungewollt zu bieten haben, lässt sich locker und leicht abendfüllend berichten. Natürlich nur, wenn man es sieht, hört und umsetzen kann. Und wenn man das dann außerdem so frech und erfrischend an­ders präsentiert, hagelt es Preise. Bester Beweis: Das Debütprogramm von Martin Frank „Alles ein bisschen anders – vom Land in d’Stadt“ (2016 in der ARCHE präsentiert) wurde mehrfach ausgezeichnet.

Ratschläge von Oma

Dessen aktuelles Programm „Es kommt wie‘ s kommt“ hat das Publikum in Dischingen mit fünfwöchiger Verspätung nun doch noch erreicht. Nach überwundener Stimmbandentzündung   überzeugte Martin Frank am Pfingst-wochenende als Komiker, Schauspieler und Sänger ein weiteres Mal. Konnte man auch feststellen, dass nicht alle Geschichten taufrisch waren (Teile aus dem Debütprogramm hat Frank übernommen), waren die Lebensweisheiten von „d’r O.ma“ wieder hochwillkommen.

Manieren hat sie ihrem Enkelkind anhand von Bauernregeln beigebracht. Einer Respektsperson lässt man den Vortritt, „weil erst das Rindvieh an die Reihe kommt und dann du“. Oma Frank, mittlerweile 90 Jahre, setzt stets eigene Maßstäbe: „Wer Sterbeanzeigen liest, ist alt.“ Ungefragt gibt‘ s Ratschläge für den Bub, an den sie selbst dann noch geglaubt hat, als der Opernsänger werden wollte. Pilot, Schauspieler in Hollywood und Landwirt standen außerdem auf der Liste. Eines war jedoch immer schon klar im Hause Frank: „Martin, du lernst was G’scheit’s.“

So musste der Bauernbub die Laufbahn als Verwaltungsangestellter einschlagen, ließ sich jedoch nebenbei als Kirchenorganist ausbilden. Im Rathaus durfte Martin Frank als Standesbeamter agieren, doch als den 21-Jährigen „das Burnout der Langeweile“ ereilte, kündigte er kurzentschlossen, holte sein Abitur nach und studierte Schauspiel in München.

Ob er sich tatsächlich einmal am Mozarteum in Salzburg vorgestellt hat (mit Oma im Schlepp tau und zur moralischen Unterstützung), ist bislang unverbürgt, dass er wunderschön singen kann, kein Geheimnis. „Ich bin ein Miniopernsänger, getarnt als Kabarettist“, sagt Frank über Frank und setzt weiterhin auf gesunden Menschenverstand.

Kerniges haut er raus, Kluges und Kritisches. Er amüsiert sich über die Debatten ums dritte Geschlecht, über geschönte und damit gefälschte Fotos dank Filter und empfiehlt: „Nicht gerade schön, dafür aber authentisch bleiben.“ Frank zählt sich zwar zur gesellschaftlichen Minderheit, „das sind alle Menschen ohne Bachelor“ und mit einer Fünf in Deutsch für „ein Kind der niedrigen Bildungsschicht, weiß dafür aber, dass „Hilti“ nicht für ein Reisgericht aus Afrika steht.

Ernährungstrends bringen den bodenständigen Niederbayern schon mal aus der Fassung. .Darum ist nicht auszuschließen, dass er tatsächlich ein Buch auf den Markt bringt, dessen Titel bereits steht: „Eine Avocado packt aus“. Frank, der nach eigener Einschätzung „modetechnisch ein Schlusslicht“ ist (er kam diesmal nicht in Wams und Krachlederner), sucht dagegen im elterlichen Betrieb nach neuen Wegen und Einnahmequellen. So viel hat er von seiner Geschäftsidee bereits preisgegeben: Das Huhn wird ab sofort im Mittelpunkt stehen, wenn der vielseitige Niederbayern Händel fürs Hendl spielt.

Die Nudel im Kanal

Zu Martin Franks liebsten Freizeitbeschäftigungen – so hat er verraten – zählt das Schwimmen. Besonders gern lässt er sich im Strömungskanal treiben. Mit einer Schaumstoffnudel zwischen den Schenkeln, macht er sich seine Gedanken über den demografischen-Wandel und zieht seihe eigenwilligen Schlüsse. „Alle, die unter der Woche tagsüber freihaben, sind meist über 70 oder Kabarettisten.“

Falls es Inge Grein-Feil also nicht gelungen sein sollte, Martin Frank nach seinem ausverkauften Gastspiel vor 130 Besuchern gleich davon zu überzeugen, dass er mit seinem nächsten Programm zumindest eine Vorpremiere in der ARCHE spielen muss, weiß sie hoffentlich, was sie Pfingsten 2019 versprochen hat.