Ein verkaterter Abend


Bericht von Siglinde Broich-Bernt, Heidenheimer Zeitung vom 11.01.2018 09:00 Uhr


Die vielseitige Constanze Lindner versteht sich als „Harmonieviech“. Bei ihrem Abend in der Dischinger Arche war das freilich nicht die einzige Viecherei


Constanze ist Kabarettistin, Komikerin, Blödelbardin, Schauspielerin und manches mehr. Bei Ihrem zweiten, durchaus bisweilen tierischen Auftritt in der Dischinger Arche musste die vielseitige Frau sich die kleine Bühne freilich teilen mit Kater Sammy.
Constanze ist Kabarettistin, Komikerin, Blödelbardin, Schauspielerin und manches mehr. Bei Ihrem zweiten, durchaus bisweilen tierischen Auftritt in der Dischinger Arche musste die vielseitige Frau sich die kleine Bühne freilich teilen mit Kater Sammy.

Manchmal hat Inge Grein-Feil einen Kater. Das wurde von ihr beim Auftakt der Reihe „Kultur in der Arche“ einen Tag .nach Dreikönig auch zugegeben, in der Pause aber bereits vehement bestritten. Doch da herrschte bereits Katerstimmung beim Publikum.
Der Abend begann, das muss man sagen, eher außergewöhnlich: Constanze Lindner, Komikerin, Schauspielerin,  Sängerin, Synchronsprecherin, Blödelbardin und Verwandlungskünstlerin und am. Sonntag zum zweiten Male in Dischingen, begrüßte die Besucher am Eingang mit Handschlag – und ging da schon auf Tuchfühlung.
Kaum auf .der Bühne, legte das Dirndl aus München sofort die ersten Geständnisse ab: Es sei 41, ein „Harmonieviech“, das in seinem neuen, zweiten Soloprgramm „Jetzt erst mal für immer“ diesmal sein Publikum nicht niederknutschen wolle. Da waren die ersten Lügen, bereits ausgesprochen.
Hang zu derben Witzen
Constanze Lindner busselte sich, so hemmungs- wie gnadenlos, tapfer durch die Reihen bis hin zur letzten. Zwar entwickelte die Komikerin mit Hang zu derben Witzen eine Vorliebe für den von der Bühne aus leicht greifbaren Klaus, doch in Sicherheit konnte sich niemand wirklich fühlen. Nicht das „Gscheidhaferl“ und nicht die zersägte Jungfrau (angereist aus Bopfingen), die weder dem Sternzeichen noch dem gewünschten Geschlecht entsprach.
Am Gruppenkuscheln kam übrigens niemand vorbei, und mit Begeisterung wurde „Ich liebe Dich“ gesendet und empfangen. Empfangen hat Constanze Lindner bereits den Bayerischen Kabarettpreis „Senkrechtstarter 2016“, zwei Jahre zuvor war ihr der Thurn-und-Taxis-Kabarettpreis verliehen worden. Vielleicht rührt daher die Liebe zu Dischingen. Seit Sonntag steht nämlich für die Komikerin fest: „Aller guten Dinge sind drei. Ich werde wiederkommen.“
Richtig gut ist Constanze Lindner in der Rolle der kauzigen, hässlich zu nennenden und überaus un¬appetitlichen Cordula Brödke, zeigt ihr schauspielerisches Können als Kult-Oma, gefällt als männermordende   Russin  Victoria Witchbopp aus Frrrrsch, die empfiehlt: „Die Ehe kann schnell vorbei sein. Man muss es nur wollen.“
Ebenso denkt die Kreuzworträtsel-Königin aus Isfflaning. Die beantwortet die Frage „Lebensende mit drei Buchstaben?“ nicht mit Tod, füllt die Kästchen sogleich mit E – H -E aus.
Verfressene fette Fee
Mühelos wechselt Lindner mit we¬nigen Handgriffen und Requisiten von Wallt, Victoria und Cordula zur Immobilienmaklerin aus Nord¬rhein-Westfalen und verwandelt sich flott in die faule, verfressene und fette Fee, die Constanze noch einen Wunsch erfüllen muss. Man würde ihr schon das eine oder andere gönnen, hat das Stanzerl doch schon als Kind lernen müssen, dass keine Gewalt auch keine Lösung ist, seinen Namen zwar nicht tanzen, aber prügeln kann. Wie soll das auch anders sein bei einer Mutter, die in der Schwangerschaft nie geraucht, aber dafür gesoffen hat?
Constanze ist ein Kind der (Faschings-) Liebe, Vater unbekannt, „den Augen nach zu urteilen muss es Kermit, der Frosch, gewesen sein“, so das Geständnis der Mutter mit Spontandemenz. Die Trägerin des Seepferdchens, die Lothar Matthäus mit ihren Englischkenntnissen Konkurrenz machen könnte, das Fränkische ganz ordentlich beherrscht und Vergleichen mit Horst Schlämmer, Hape Kerkelings Lokalredakteur aus Grevenbroich, standhält, verfügt sowohl über eine scharfe als auch schnelle Zunge. Nicht nur hörens-, vielmehr sehenswert die Momente, wenn Lindner zu Balalaika-Klängen ansetzt.
Die Münchnerin musste sich in Dischingen gleich gegen zwei Mit-spieler durchsetzen. Da ist zu nennen (0-Ton Lindner) „Inge, die Rampensau Nummer l“, die, wie von Abonnenten und treuem Publikum gewohnt, zu Lobgesang und Abgesang anstimmte. Und da war eben auch das zugelaufene Katzenviech Sammy. Der fette Kater findet sich seit einiger Zeit in schöner Regelmäßigkeit in der „Arche“ ein, und macht sich breit.
Am Sonntag genoss der Dauergast sichtlich das Bad in der Menge, machte sich (Premiere) auf der Bühne und damit auf den Requisiten von Constanze Lindner breit.
Neue Zähne für Cordula
Das „Harmonieviech“ (gemeint ist in diesem Fall die Komikerin), nahm’s gelassen, bewies sein Können im Improvisieren und freute sich über die vielen guten Wünsche zum neuen Jahr. Dazu zählten ein VHS-Kurs in Schwäbisch, neue Zähne für Cordula, eine weitere Fee. Wirklich Sinn machte, was Constanze Lindner nun tatsächlich fehlt: lange Beine.
Mit dem quirligen Persönchen suchte der eine oder andere nach der Show noch einmal das Gespräch, nutzte die Gelegenheit zum Selfie, äußerte Autogrammwünsche. Seit Sonntag kann sich Constanze Lindner jedenfalls nicht länger, Alleinunterhalterin nennen. Der Abend wird wohl allen als einer mit Kater Sammy in Erinnerung bleiben. Fast schon ein Jammer.