Bierzelt-Bulimie und Feng Shui


Bericht von Manfred Allenhöfer, Heidenheimer Neue Presse vom 04.02.2004 17:22 Uhr


„Das Auge isst man mit“: Joulestarke Joki bei Helmut Schleichs hitzig-coolen Kabarettabend in der Dischinger ARCHE





Rutsche in Frieden: Treffen sich bayerischer Knödel und böhmischer Schaschlik im Magen. Und weil noch ein esoterisch-schwuler Eissalat dazu rutscht, kommt Multikulti im Magensaft zum Schwimmen. Doch die Stunden sind gezählt … Helmut Schleich sorgte mit seinen Hirnhax’n in der Dischinger ARCHE für joulestarke Jokes.

Habe nun, ach, die Gicht … Kabarettist Helmut Schleich hat nix gegen das Essen; und man sieht ihm das auch an. Der 36jährige Münchner, der demnächst mehrfach auf B3 vor sich hin dampfen wird, hat es mit dem Leiblichen. „Das Auge isst man mit“ ist sein Programm rund um den physischen Input; der entsprechende Output, der häufig billige Lacher provoziert, ist ihm zu platt – das spricht schon mal für Schleich.
Nein, eine Lehre hat der auch hübsch improvisierende Kabarettist, der sich so gerne in gestenreiche Rage zu reden scheint, nicht – auch gut. Dass a Hax’n nicht unbedingt gsund is, weiß man ja selbst. Und zum Soja-Apostel taugt der gestandene Bayer wohl auch nicht.
In einer Abfolge sich durchdringender Nummern spielt und (be-)spricht er „einen Bolla Fleisch“ ebenso wie Biolek, eine Tundra-Gourmandise oder die Adresse www.metzgergeil.de – köstlich, fürwahr …
Oder Schleich philosophiert über „Bierzelt-Bulimie“, das kollektive Kotzen nach dem „demokratisierten“, massenhaften Einführen von Fleisch und Bier („ein historischer Erfolg für Engels!“) ebenso kenntnisreich wie über Feng Shui.
Zeitgeist und Biergarten-Tradition: Schleich macht kein Hehl daraus, dass er, insgeheim, weniger für Trenn- als für bayerische Zusammenkost („Zammkost“) ist. Aber diese Ambivalenz schlachtet er sehr heiterkeitsstiftend aus.
Mit Freude reflektiert er sein eigenes kabarettistisches Tun; gerne spielt er mit seinem Publikum, zumal in Dischingen. Er ist kaum politisch, doch gerne mal unkorrekt – im Rahmen, in dem auch seine gestisch hochfahrenden Polemiken bleiben. Es gilt das gesprochene (und gespielte) Wort und die dezidierte Geste: Helmut Schleich begeistert in der gut ausverkauften ARCHE dessen eigenes, ganz unterschiedliches Publikum.

Anspruch? Ja klar, doch ohne Attitüde: Schleichs Programm ist ebenso sprach- wie pointensicher durchgearbeitet. Aber es atmet, ja schwitzt und dampft so auf der Bühne, dass der saft- und kraftvolle Live-Abend über insgesamt zweieinhalb Stunden durchgehend hand- und tellerfestes Vergnügen bereitet. Ein Kalorien-Karäter.
Und Schleich bestätigt: Kabarett mit Biss hat seine regionale Zentralküche derzeit in Dischingen. Weitere programmatische Delikatessen lassen vermuten: Das wird auf absehbare Zeit so auch bleiben.
No mehr, Noahin der Kleinkunst-ARCHE . . .