Multitalent Roland Baisch zelebrierte in der ARCHE in Dischingen die Lust am Leben
Was war zuerst da? Die Henne oder das Ei? Die Frage beschäftigte bereits Generationen. Und wie ist das bei Roland Baisch? Wurde er erst grau und dann ein Star? Oder ist er – das soll es ja geben – aufgrund seines Könnens zuerst als Stern am Kleinkunsthimmel .aufgegangen und das Hetzen, von Bühne zu Bühne eventuell nicht ganz unschuldig an seinem Altersblond? In der ARCHE in Dischingen erlebte man ihn vorgestern, am 6.3.16, kein bisschen eitel und äußerst agil mit seinem Programm „Der graue Star“.
Warum auch nicht agil? Der graue Star,, und diesmal ist von der Augenerkrankung die Rede; kann schließlich in jedem Alter auftreten, wenn sich die Linsentrübung auch .am häufigsten ab dem sechsten Lebensjahrzehnt entwickelt. Baischs Blick ist scharf, glasklar, kontrastreich und farbig.
Vom Leben kann der Kleinkunstpreisträger, den man im vergangenen Jahr im Rahmen der Kleinkunst-Benefizgala im Heidenheimer Naturtheater nur kurz erleben konnte, ein Liedchen singen – wenn das auch so gar nichts mit Amsel, Drossel, Fink und dem Star zu tun hat. Der ist bekanntlich nicht grau. Das Vögelchen kann man dafür leicht – wie Roland Baisch – an seinen eigenen .abwechslungsreichen Melodien erkennen,
Sein Ruf und sein Gesang -jetzt ist die Rede vom Korntaler – sind hörenswert, woran Frank Wekenmann, der ihn begleitet (mit Stimme, Gitarren, Mandoline und Banjo), feinen Bärenanteil hat. Baisch: „Unter den. Gitarristen ist er der beste“ (Kunstpause) – „den ich mir leisten kann.“ Auf der CD zum Programm bemerkt der vielseitige Kleinkunstpreisträger des Jahres 2014 arttypisch: „Der graue Star dankt dem Gitarrenwunderkind Frank Wekenmann für die musikalische Späterziehung.“
Wo Wekenmanns pädagogisches Händchen ein glückliches war, bleibt offen. Baisch griff in Dischingen jedenfalls zur Gitarre, Mundharmonika, Flöte, Mandoline, zum Sax und zur singenden Säge, trat den Beweis an, dass man selbst mit Bonbons Musik machen kann.
Der Star – und da hat sich der silbergraue Baisch ein dickes Scheibchen abgeschnitten – ist ein geselliger Vogel, der in erster Linie sich selbst aufs Korn nimmt. Er, der sich von seinem gestählten Körper erst kürzlich verabschieden musste, der seine Besenreiser als Tätowierung verkauft, dem der Schönheitschirurg zur Einzelhaarentfernung auf dem Haupt geraten bat, um die Ausbeute auf Baischs Brust zu verpflanzen.
„Der graue Star“ hat neben Hülle jedenfalls eine appetitliche Portion Him, das stündlich hinzulernt, etwa, dass „Dischingen der schönste Ort am Ende der Welt ist“. Und weil Baisch schon ordentlich herumgekommen ist, gibt es Kostproben in Fränkisch, Bayerisch, Italienisch, Indisch. „Ma-hat-ma-gau-di“, stellt der vielseitige Schwabe treffend fest und verbindet in den aus seiner Feder stammenden Texten geschickt Blödsinn mit Tiefgang.
Punkten kann er freilich mit seinen Ratschlägen: „Lerne Jammern, ohne zu leiden“, „Schlage deinen Mann jeden Tag. Wenn du nicht weißt warum, er weiß es“. Ansonsten lügt der vielseitige Barde seinem Publikum frech ins Gesicht:
„Ich würde gerne was sagen, ich weiß nur nicht was.“
Nicht zu vergessen: „Atemlos durch die Nacht, weil die Pumpe es nicht mehr macht“. Dabei ist, Roland Baisch durchgehend ordentlich bei Puste.
Im der ARCHE erlebte man den Kleinkunstpreisträger des Jahres 2014 in zwei kurzweiligen (frühen) Abendstunden, bei Jazz, Swing und Countrymusik, die nur einen kleinen Ausschnitt seines Gesamtkönnens zeigten. „Es ist ein langer Weg nach oben“, hat Baisch in einem seiner Lieder festgestellt und die Kehrseite der Medaille nicht außen vorgelassen: „Nach unten geht es schnell.“
Wen interessiert das nach dem Besuch in der. ARCHE, wenn einen der Ohrwurm „Bratislava“ auf dem Weg nach Hause begleitet?