Zum Platzen vor Lachen: „Platzende Hirsche“ waren in der ARCHE.


Bericht von Marita Kasischke, Heidenheimer Zeitung vom 18.03.2009 00:00 Uhr


So also sieht das aus, wenn Hirsche platzen: Nonsens und Hintersinn, Klamauk und Kalauer, Tempo und Gemächlichkeit, Gesang und Geschrei, Tanz und Theater – das alles steckt in dem Programm „Platzende Hirsche“, mit dem die Kabarettisten Michael Altinger und Alexander Liegl am Sonntag in der ARCHE ihre Zuhörer soweit brachten, dass sie selbst schier dem Platzen nahe waren.


So platzen Hirsche: Die Kabarettisten Michael Altinger und Alexander Liegl (von links) gastierten in der ARCHE.
So platzen Hirsche: Die Kabarettisten Michael Altinger und Alexander Liegl (von links) gastierten in der ARCHE.

Das Kabarett-Business sei auch nicht leicht, stöhnen die beiden, und so müssten die beiden schon mal auch in anderen Genres wildern. Da muss; eben auch mal eine Oper geschrieben werden: „Wie Cleo­pa­tra damals Hannibal, die Nibelungen, Lohengrin, Elvis, Moses, Chingachkook und Frau Holle voll mit reingezogen haben „Teil 1“ heißt das Werk, das zwar wenig kaschierte Anleihen bei Verdi nimmt, dennoch aber ausgesprochen Lust auf „Teil 2“ macht.
Auch in Groschenromanen haben sie sich versucht: „Der Wildschützbaron vom Klinikum Schloss Drachenloch“ lässt die Erinnerungen an den guten, alten, Verzeihung, jungen, sympathischen „Frauenarzt von Bischofsbrück“ aufleben. Und sogar als Liedermacher mit Hang zur Sozialkritik präsentieren sich die beiden: „Auch Frauen können Schweine sein“ wissen sie wie auch „Auch Fiesheit kann ein Zuhause sein“, das alles in muntere Melodien und boygrouptaugliche Choreographien verpackt.

Und in der Märchenstunde darf die Fee „Schu­bellala­bi­ballaballa“ (oder so ähnlich) Schneider, König und Prinzessin freigiebig Frösche anbieten, falls grad einer gebraucht wird und falls der Erzäh­ler es noch richtig im Kopf hat – alles Nummern, die freilich ohne eine unbeschwerte Kindheit auch dank Oma, bevor diese in den Oman ging, gar nicht möglich gewesen wären. Oder ohne Leguan Heinz, der in entrahmter H-Milch schwimmen muss, damit er als Muse taugt.
Damit sie solche Nummern schreiben können, da braucht es nicht viel: Ein Cafe an einer belebten Straße ohne Autos, am besten eine Fußgängerzone ohne Geschäfte, und einen Bio-Metzger gegen­über, der im Schaufenster ausschließlich Hausmacher-Leberwurst präsentiert. Und dann muss noch Stavros, der Bauarbeiter kommen, rein zufällig, versteht sich, Singvögel müssen zwitschern, aber leise natürlich, und dann fluppt es mit den Ideen – vielleicht.
Und wer dachte, dass sich die beiden haargenau alles aufschreiben, was sie auf der Bühne so verzapfen, der täuscht sich gewaltig:
Nur was sie nicht sagen werden, das wird fein säuberlich festgehalten: Kartoffelacker als Liebesnester, hingerotzte Liebesgedichte, blutrünstige Balladen, Wissenswertes über Raumfahrt und Zwerghasenzucht, vor Sushi, Schokolade und BMW-Leasing leer gewordene Menschen, sparsamer Umgang mit dem Essensgeld, Hausmusik dank Radio, der kleine Raffael und die Tomatensauce ohne Tomaten – zack, zack geht’s zu im Revier der platzenden Hirsche.
Was dabei geröhrt wird, mag nicht gerade veritables Kabarett sein, zum Brüllen komisch ist das betörende Röhren allemal. Und wie fein Altinger und Liegl in ihrem Programm scheinbar unscheinbare Spuren auslegen, hurtig wieder ganz andere Lichtungen betreten und völlig unerwartet die Fährten wieder aufnehmen, das ist schon richtig gekonnt, da merkt man schon, dass die beiden ausgestattet sind mit den höheren Weihen der Bühnenschaffenden. Oder in ihrem Fall eben: den höheren Geweihen.