Von der „heute show“ in die ARCHE


Bericht von Niklas Junkermann vom 21.01.2024 20:00 Uhr


Foto: Niklas Junkermann

Deutscher Kleinkunstpreisträger 2024 Friedemann Weise übertrifft alle Erwartungen

Die größte Überraschung für die anwesenden Gäste in der Dischinger Arche bezieht sich auf die Person des Abends selbst: Kabarettist Friedemann Weise kommt nicht allein, er ist in Begleitung einer höchst ungewöhnlichen Persönlichkeit. Er wird begleitet von „Friedemännchen“, einer kleineren Version von sich selbst, die er – wie er erklärt – in einer Pappschachtel mitgebracht hat. Während des Abends wird Weise regelmäßig live in die Schachtel schalten. Das Innere davon sieht das Publikum auf einem Bildschirm, der neben dem Künstler auf der Bühne steht. Dieser Gag zieht sich durch den gesamten Abend und spannt so einen roten Faden für eine in sich stimmige Erzählung, die den Titel „Das bisschen Content“ trägt.

Friedemann Weise selbst ist bekannt. Vor allem seine Auftritte und Kolumnen innerhalb der ZDF „heute show“ rücken ihn regelmäßig bundesweit in den Fokus. Im Mai wird er mit dem Deutschen Kleinkunstpreis 2024 in der Kategorie Kleinkunst ausgezeichnet. Am vergangenen Wochenende in Dischingen stellte er unter Beweis, warum er dafür genau die richtige Wahl ist.

Der Kabarettist gibt mit einer Mischung aus Gesang, Gitarren-, Klavierspiel und rasanten Anekdoten seine Geistesblitze zum Besten und nimmt die Gäste mit in seine Gedankenwelt. So geht der wilde Ritt über abstrakte Themen wie „Mörser-Sharing“, was verdächtige Parallelen zum Car-Sharing aufweist, und saisonale Ernährung bis hin zum Leben mit Kindern, dem Altern und technischen Zukunftsvisionen. Friedemann Weise zeigt eindrucksvoll, dass er nicht nur ein einstudiertes Programm darbietet, sondern auch improvisieren kann. So gestaltet er allein zwei Lieder inhaltlich nur aufgrund des Zurufs aus dem Publikum. Sein Gitarrenspiel bleibt dabei nicht eindimensional, sondern ergießt sich in vielerlei Musikstile, von beschwingten Melodien bis hin zu Reggae-Klängen.

Die Spitzen gegen den Ort, an dem er gerade spielt, mögen den einen oder anderen pikiert zurücklassen. Aber in Zusammenhang mit einer gehörigen Portion Sarkasmus und Selbstironie sorgen diese für einen nützlichen Blick in den Spiegel. Und gerade diese Selbstironie ist elementarer Bestandteil von Weises Genialität und seiner fulminanten Interaktion mit dem Publikum. Mancher Gast mag sich im Vorfeld gefragt haben, wie politisch dieser Abend werden wird. Von Weises satirischen Beiträgen im ZDF sind die Zuschauerinnen und Zuschauer es gewohnt, scharfzüngige Kommentare zur Tagespolitik zu hören. Gemessen daran zeigt sich der Abend in Dischingen thematisch erfrischend alltäglich. Um eine bestimmte Bemerkung kommt Friedemann Weise am Ende nun doch nicht herum. Er weist trefflich auf aktuelle Verhältnisse hinsichtlich Populismus und Extremismus hin und appelliert an eine engagierte Verteidigung der Demokratie. Und das ist der dezenteste Zeigefinger, der dieser Tage möglich und notwendig ist. Da die Initiatoren der ARCHE-Kultur aufgrund einer Rehamaßnahme nicht anwesend sein konnten, versprach er felsenfest, wieder nach Dischingen zu kommen, wenn Inge Grein-Feil und Siggi Feil anwesend sind.