ARCHE: Hennes Bender beeindruckte mit Redeschwall nicht ohne Tiefgang
Evolutionär gesehen hat der Mensch richtig Glück: Sein Kehlkopf ist hoch genug positioniert und bringt ihn daher in die Lage, sprechen zu können. Hennes Bender, am Sonntag zu Gast in der ARCHE, hat gleich doppelt Glück, denn er beherrscht die Kunst des Hochgeschwindigkeitssprechens – und allein dafür schon gebührt ihm gehöriger Respekt.
Ohne Tempo-, Silben- oder Themenlimit ergoss sich über das Publikum in der restlos ausverkauften ARCHE der Redeschwall des, wie er sich selbst gerne nennt: „Hobbit der Comedy“, der in seinem Programm „Klein/Laut“ auch immer wieder sich selbst in seiner „Kleinwüchsigkeit“ von 1,62 Metern als Sidekick nimmt.
Freilich bekommt das Publikum auch gehörige Seitenhiebe ab: An den schwäbischen Spätzle beispielsweise hat er einen Narren gefressen, immer wieder bringt er sie auf den Tisch. Ob die Schwaben nun Spätzle morgens, mittags, abends und auch zwischendrin äßen, fragte er ebenso wie danach, ob es denn Medikamente gäbe, die eine Portion Kässpätzle „für normale Menschen, also Nichtschwaben“, verdaulich machen würden oder ob diese nur operativ entfernt werden könnten. Und Bender ergötzte sich zudem an der Vorstellung, dass auch ein Paar kleiner Spätzle Einlass in die Arche Noah finden würde.
Was Bender, aus dem Ruhrpott stammend, freilich nicht weiß:
Der Genuss von Spätzle führt zu überirdischer Gelassenheit, gerade gegenüber Schwabenspott. Und so tat das Publikum denn auch nichts weiter als einfach darüber zu lachen – in feiner Schwabenmilde, denn wer wüsste besser als die spracheffizienten Schwaben, dass viel Geschwätz eben auch viel Ausschuss bedeutet.
So gesehen kann man sich bei Hennes Bender noch gar nicht mal beklagen: Da war neben allen Albernheiten und Blödeleien ä la Spongebob Schwammkopf und einem rosa Dildo namens Butch Cassidy, die sein „Gag-Tourette“ ihn zwinge einfach rauszuhauen, schon auch Tiefgründigeres zu finden. Bender philosophierte so beispielsweise darüber, warum wohl heutzutage die Menschen nur. noch darüber reden, wie sie miteinander reden, ohne miteinander zu reden. Schließlich ließe die moderne Kommunikationstechnik durchaus auch Inhalte zu, die über Essenposten in sozialen Netzwerken hinausginge und früher habe man ja auch keine Papierabzüge von Rotkohl mit Sauerbraten herumgezeigt.
Immerhin zwinge die ständige Erreichbarkeit via Handy auch zur Auseinandersetzung mit metaphysischen Themen, allein durch die ständige Frage „Bist Du gerade irgendwo?“, die doch nur bedeuten könne: „Bist Du noch oder redest Du nur?“
Befriedigt zeigte sich Bender darüber, dass Deutschland endlich die gelben Säcke rausgestellt hat – die Abwahl der FDP allerdings sei für die Kabarettisten ein schwerer Schlag. Dafür wie auch für jede andere unabänderliche Situation hat Hennes Bender eine ungemein patente Lösung parat, die er seinen Zuhörern an Herz und Zwerchfell gleichermaßen legte: „Tanz den Akzep-Tanz“, und schon beruhige sich das Gemüt.
Das pure Vergnügen brachte Benders „Unheilig“-Parodie, in der er des Grafen Oberflächlichkeit enttarnte und Binsenweisheiten wie „In der allergrößten Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot“ und Peer Steinbrücks „Hätte, hätte, Fahrradkette“ aneinanderreihte und damit die ARCHE in eine Kathedrale der, nein, nicht gräflichen Ergriffenheit, sondern ergötzlichen Geschliffenheit verwandelte.
Und immer dann, wenn das Plappern Benders zum pointierten Philosophieren wurde, dann ist er richtig, richtig gut: Wenn er das Plappern anderer hinterfragt, weil er noch nie von der Todesursache Mischen gehört habe, obwohl die Floskel „Es hat sich schon mal jemand totgemischt“ bei jedem Kartenspiel mindestens einmal falle. Und dass ihm noch kein Bauklotz untergekommen sei, der durch Staunen entstanden sei. Und allein für seinen Grund für den totalen TV-Ausstieg schon hat sich der Abend gelohnt: „Viel Spaß beim Brotaufbewahren“ nämlich habe ihm der Moderator via Mattscheibe gewünscht, und damit war die Grenze des Ertragbaren überschritten.
Zum Schluss des wortgewaltigen Abends gab’s noch einen völlig wortlosen Hennes Bender. Als Darth Vader, ganz in Weiß, erschien er auf der Bühne. Und tat, was Darth Vader wohl noch nie getan hat: Er strippte. Und das war verblüffend: Hennes Bender kann tatsächlich mal mucksmäuschenstill sein – und das über immerhin anderthalb Minuten.