Der Niederbayer strotzte geradezu vor saftigen Erinnerungen
„Dischingen muss man nicht kennen,“ zeigte Joachim Kiunke vom Dischinger Kulturkreis Verständnis für Kabarettist Michael Altinger, der bei seinem „mächtigen“ Auftritt in der ARCHE augenzwinkernd gestand „Ich war noch nie in Dischingen und habe vorher nicht gewusst, dass es das gibt“. Im Gegenzug ging es den ARCHE-Besuchern nicht anders, denn Strunzenöd im tiefsten Niederbayern, in dem das Mitglied der Münchner Lach- und Schießgesellschaft seine Kindheit verbrachte, liegt eher am Ende der Welt, denn im Mittelpunkt. Aber nach Altingers humoristischem Persiflageritt, durch seine Jugend in dem bayrischen Kaff dürfte die „Enklave uneingeschränkter Zuneigung“ in Dischingen seine Fans gefunden haben.
Ziemlich laut und mit derben Sprüchen polterte er zu Beginn auf die Bühne – „des muss ich, damit nicht wieder alle sagen, isch der nett“, versuchte er seinen Defekt in der Hormonausschüttung zu vertuschen. „Denn des isch mei gröschter Fehler, dass ich immer sehr freundlich bin und zu allem nur danke, sehr gut, sage“. Aber wie soll man auch anders, wenn man in Strunzenöd aufgewachsen ist, wo alle Leut so nett sind, es jeden Abend gemeinsames Tandra-Jodeln und Tai-Chi-Platteln gibt und unter dem Ortsschild „Dorf des Lächelns“ steht. Und so begann der spitzbübische Schelm, gebrandmarkt von seiner quälend netten Jugend, seine ganz persönliche, satirische Vergangenheitsbewältigung. Mit genussvoll ausgekosteter Grimassenkomik, derb-draller Comedy und musikalischen Darbietungen gemeinsam mit seiner Einmann-Band Martin Julius Faber, machte der Kabarettist sich auf die schaurig-schöne Reise. Garniert mit musikalischen Temperamentsausbrüchen mit nachdenklichen, komischen und aberwitzigen Liedern gab er sich seinem schrankenlosen Hang zu saftiger Erinnerung hin. Altinger sprach stets das Unaussprechliche aus, verletzte sämtliche Tabus und begeisterte das Publikum mit seiner genialen Mimik und Gestik, sowie seinen herrlich-komischen Possen.
Beeindruckend mit welcher Energie und Stimmgewalt der bayrische Kabarettist im mehrfach aufgeheizten ARCHE-Saal die finsteren Ecken menschlicher Verdrängung durchleuchtete. Und trotz seiner leidenschaftlichen und vollste Konzentration erforderlichen Performance griff er spontan die kleinste Regung im Publikum auf und baute sie in die Geschichte mit ein.
Und da „es manchmal wichtig ist, dass man öfter mal ä Gaudi hat“, wie er in seiner Zugabe in einem zum Brüllen komischen Lied vortrug, verriet er zum Schluss, dass auch die Inge von der ARCHE gleich erkannt hatte, dass er nett sei. Sie habe ihm nämlich vor dem Auftritt noch die Hose gewaschen. Und jetzt müsste sie eigentlich schon wieder gewaschen werden.
Altinger hat es im kleinen, gutbesetzten ARCHE-Saal prima gefallen, er bezeichnete Publikum und Stimmung als Bonbon für einen Darsteller. Da würde man gerne wiederkommen.
Versprochen ist versprochen!