Von Glühbirnen und Lichtgestalten, vom Guten, Wahren, Schönen und der Hölle – Michael Altinger brillierte unverkünstelt und sympathisch in der Dischinger ARCHE.
Ausverkauft und brechend voll war die ARCHE am Sonntag, 15. Januar beim Auftritt des renommierten bayerischen Kabarettisten Michael Altinger. Hausherrin Inge Grein-Feil freute sich sichtlich, ihn dort als „alten Bekannten“ begrüßen zu können. Wobei das Wörtchen „alt“ das Stichwort war, mit dem er sein Programm „Hell“ eröffnete – und nicht mit Spott geizte angesichts der galoppierend um sich greifen- den Angst vor altersbedingter Unattraktivität („nur den Schönen wird Gutes zugetraut“) und den verzweifelten Maßnahmen, die vielfach dagegen ergriffen werden. Zu grünen Smoothies, veganem Essen, Muckibuden-Training und Stand-up-Paddling hat Altinger allerdings eine klare Meinung: Mit leben hat das nichts zu tun, nur mit nicht sterben wollen. Warum wollen die Leute es dann? Wer hat’s erfunden und wird reich damit?
Nur zum Nicht-Sterben-Wollen
Stand-up-Paddling, exotische Arzneien oder Gabionen („Wenn man sie endlich aussprechen kann, will man sie auch haben“): Altinger ist sicher, dass Helmut Lux eine geniale Lichtgestalt ist. Und so was möchte er auch werden: Rein, edel, redlich, hell.
Als ethische Messlatte dient ihm dazu nichts Geringeres als der Kategorische Imperativ des Immanuel Kant, und den singt er auch noch: „Handle nur nach derjenigen Maxime . . .“ Kein Wunder, dass das Publikum beim Mitsingen und
-klatschen heillos überfordert war. Wäre da bloß nicht der dumme Autounfall mit dem Maserati-Fahrer, nach dem er sich, ganz edel, rein und gut, sofort als der allein Schuldige bekannt hat. Die Versicherung wird’s schon richten. Oder? Nicht?
Die Entwicklung dieses Versicherungsfalls und seine Auswirkungen sind der rote Faden, entlang dessen Altinger sich in meisterhafter Dramaturgie durch sein Programm bewegt: mit seiner Mischung aus Kabarett, Schauspielkunst und Gesang liefert er eine perfekte, intelligente und super-witzige Bühnenshow, bei der er Geist, Stimme und den ganzen Körper bedingungslos einsetzt. Dabei wirkt er vollkommen unverkünstelt und vor allem unglaublich sympathisch.
Als Partner dient ihm dabei seine One-Man-Band in Person von Martin Julius Faber, der sowohl den (stummen) Ansprechpartner mimt, als auch aktiv den jeweils passenden musikalischen Background beisteuert zu Altingers handgemachten Liedchen, deren er viele zum Besten gibt.
Doch ob gesprochen oder gesungen: Altinger springt scheinbar mühelos von Gag zu Gag, wobei er sich genüsslich darüber auslässt, was ihm gegen den Strich geht. Dabei greift er auch schon mal in die etwas derbere Kiste, was man ihm aber verzeiht. Die Aperol-Spritz-Tussi bekommt auf diese Weise ebenso ihr Fett weg wie ein bestimmter Typ von Verkäuferin, die Streber-Mami mit ihren Karriereplänen für den Nachwuchs oder der fitnessgestählte Adonis Pauli, dessen körperliche Vorzüge leider in ungünstigem Verhältnis zu seinen geistigen stehen.
Schwarze Gedanken
Altinger lässt das Publikum teilhaben an seinen eher schwarzen Gedanken zu gläsernen Schiebetüren in Hotels oder seinen Betrachtungen darüber, was wohl die Hölle (engl. hell) ist. Ein Ort jedenfalls, an dem die anderen, moralisch Verwerflichen sind, Versicherungsbetrüger etc. Doch der Grat zwischen Himmel und Hölle, so spiegelt Altinger mit viel Humor, ist mitunter schmal, und moralische Unerschütterlichkeit ein fragiles Gut.
Das Publikum war jedenfalls begeistert und verlangte nach einer Zugabe, die auch prompt geliefert wurde. Mit ein bisschen „Gaudi“ setzte Aldinger seinem Programm noch einen echten (oder doch nicht?) Höhepunkt auf. Was will man mehr? Da kann das Arche-Team wohl nur hoffen, dass Altinger seinen abschließend geäußerten Wunsch auch wahrmacht. Noch 40 Jahre lang wiederzukommen.