„Die ARCHE drohte unterzugehen“


Bericht von Franz Mayer vom 08.03.2001 18:15 Uhr


Ein großer Andrang beim Vortrag von Pater Anselm Grün



 

Das Interesse der Bevölkerung an Vorträgen zur Lebenshilfe und Glaubensvertiefung ist immens groß. Dies durfte die Aktion »Freunde schaffen Freude« bei ihrer jüngsten Veranstaltung nun zum wiederholten Male erfahren. Mit Pater Anselm Grün von der Abtei Münsterschwarzach, der bundesweit als Psychotherapeut und Verfasser zahlreicher Bücher zu Themen des täglichen Lebens hohen Bekanntheitsgrad hat, war ein wahrhaft beliebter Referent nach Dischingen gekommen. Die Begegnungsstätte ARCHE erwies sich schnell als zu klein, denn etliche hundert Leute, auch aus teilweise weiten Entfernungen, waren der Einladung gefolgt. Kurzerhand wurde die Veranstaltung, die gemeinsam mit der katholischen Kirchengemeinde durchgeführt wurde, in die nahe Sankt-Johann-Baptist-Kirche verlegt.

Pfarrer Thomas Augustin begrüßte freudig den besonderen Gast und bemerkte mit Blick ins volle Gotteshaus: „Die ARCHE drohte unterzugehen, daher heiße ich sie hier herzlich willkommen.“

 

Eineinhalb Stunden widmete der Pater dem aufmerksam zuhörenden Publikum zum Thema „Versöhnung mit mir, mit den anderen und mit Gott“.
Versöhnung sei ein passendes Thema zur Fastenzeit und dies nicht nur für die Kirche und das Christentum.
Doch oftmals sei Vergebung auch Überforderung, wenn sie fälschlicherweise als Verdrängung von Gefühlen betrachtet würde. Vergebung und Versöhnung habe viel mit weggeben, loslassen, erlassen zu tun. Auch in der Bibel stehe, vor allem im Matthäus- und Lukas-Evangelium viel über das richtige Vergeben. Bei Gott ginge es nicht um einen Buchhalter über die Sünden, sondern viel mehr um Barmherzigkeit. Selbst Jesus habe seinen Mördern vergeben.
Bevor man jedoch anderen vergeben könne, müsse man sich auf den nicht immer einfachen Weg machen, und sich mit sich selbst und seinem Leben auszusöhnen. Dazu gehört auch die Aussöhnung mit der eigenen Lebensgeschichte, persönlichen Verletzungen und den Schattenseiten. Keiner ist nur gut, freundlich und hilfsbereit. Schatten ließe sich nicht schadlos verdrängen. Doch ginge es in erster Linie nicht darum, alles auszuleben – sondern gut für sich selbst zu sorgen. Das Über-Ich würde sich zwar auch als konstruktiv und wertvoll erweisen, könne sich aber auch als strenger Richter aufspielen. Irrtümlich würde dies als Strenge Gottes verstanden. Oftmals wäre fachliche Begleitung nötig und hilfreich. Wem diese Aussöhnung gelänge, könne Hoffnungszeichen und wiederum Hilfe für andere sein.
Versöhnung mit dem Nächsten bedeute nicht, einfach nur nachgeben. Zur richtigen Versöhnung gehöre zuerst, den Schmerz wahrzunehmen, auch Wut zuzulassen. Wut schaffe immer nötige Distanz „So wichtig ist der andere nicht.“ Erst dann könne man objektiver sehen und räume dem anderen nicht zuviel Macht ein, indem man ständig über ihn nachdenke. Erst wenn ich dem anderen vergeben, ihn loslassen könne, wäre Befreiung von der Macht der Verletzung möglich.
Vergeben könne man alleine, jedoch zum Versöhnen brauche man beide.
Ideal wäre, wenn man miteinander die Sache besprechen, Versöhnungsrituale finden könne. Doch dazu sei gegenseitige Bereitschaft, Klugheit und Geduld unabdingbar. Vergebung dürfe nicht mit neuer Verurteilung erfolgen. Wichtig wäre, dem anderen nie den guten Willen abzusprechen und ihm Wertschätzung „Du darfst so sein – es ist deine Sache“ entgegenzubringen.
Jeder von uns müsse sensibel für die eigene Sprache werden. „Wie rede ich über Ausländer, über Randgruppen?“
Sprache ist der wichtigste Ort der Versöhnung, auch in der Gesellschaft und Politik.
Sind wir bereit, Verantwortung für eine versöhnliche Stimmung zu übernehmen?
Der dritte Punkt „Versöhnung mit Gott“ war schnell besprochen. Gott sei mit uns versöhnt – er ist mit uns einig. Unsere Aufgabe wäre es, dass wir uns mit uns und den anderen versöhnen.
Pater Anselm Grün beantwortete noch gerne zahlreiche Fragen aus dem Publikum.
Zum Schluss dankte ihm die Vorsitzende von „Freunde schaffen Freude“ mit einem kleinen Geschenk und sie dankte auch Pfarrer Augustin für dieses sichtbare Zeichen des guten Miteinanders und gegenseitigen Vertrauens. Die Gäste verabschiedete sie mit herzlicher Einladung: „Kommen sie wieder, die Kirche ist immer offen und auch die ARCHE freut sich mit einem abwechslungsreichen Programm über ihren Besuch.“