Derbe Schläge vom Hansinator


Bericht von Dr. Manfred Allenhöfer, Heidenheimer Zeitung vom 16.01.2011 20:15 Uhr


Nepo Fitz schildert seine provinzgeprägte Entwicklung zum Mann in der ARCHE


Nepo Fitz, der Sohn der Lisa und des Ali Khan, schilderte in der ARCHE seine (überwiegend) niederbayerische Mannwerdung.
Nepo Fitz, der Sohn der Lisa und des Ali Khan, schilderte in der ARCHE seine (überwiegend) niederbayerische Mannwerdung.

Der Junge, kein Zweifel, hat her­vorragende Entertainment-Qualitäten: Er kann vorzüglich parodieren und auch imitieren, er ist musikalisch und mimisch wie gestisch sehr wandelbar: Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass der 27-jährige Nepo Fitz auf Parties und Festen oder auch auf der Bühne einen hinreißenden King macht. Aber ein Kabarettist ist der Kleine von Lisa Fitz noch lange nicht.

In der ARCHE war der begabte Niederbayer jetzt mit seinem ersten Programm zu erleben: „Pimpftown – Wie werde ich ein Mann?“ Im März bringt er sein zweites Programm auf die Bühne. Und er musste Inge Grein-Feil ab­schließend versichern, dass er, wenn er einmal ein ganz Großer sein sollte und Hallen so füllt wie seine Mama, wieder nach Dischingen kommt: „Ein Mann, ein Wort“, so viel Manns ist der Mannproblematisierer schon -„des musch mir verschprecha, Bua“, meinte die Gastgeberin.

Natürlich muss man einem En­tertainer oder meinetwegen Ka­barettisten nicht glauben, wenn er von sich spricht: Dieses „Ich“ ist so künstlich, so grundsätzlich fiktiv und wirkungsbezogen wie jeder Text. Aber man darf hier schon annehmen, dass vieles vom Vorgetragenen, zumindest prinzipiell, grundsätzlich autobiografisch ist. Zumal gar, das geht bei einem jungen Bühnen-Fitz wahrscheinlich gar nicht anders, die Mama und der Opa und einmal auch der Papa (der Rockmusiker Ali Khan) auch angesprochen wurden.

„Authentisch“ braucht das nicht zu sein, im Vordergrund steht die Wirkung aufs Publikum – und die war in Dischingen enorm. Die Zuhörer waren, auf eine auf der Alb eher selten erlebbare Art, bereit mitzugehen.

Nepo erzählt, auf teils hin­reißende Weise, was er bislang so alles hat auf sich einwirken lassen – „mehr hab‘ ich noch nicht erlebt‘, kokettiert er nach Ende seines eher kurzen, knapp zweistündigen Programms.

Es reicht aber für begeisternde Familien-Unterhaltung – im Dischinger Publikum sassen, was sonst eigentlich nie vorkommt, auch Jugendliche. „Ich bin auf dem Lande aufgewachsen“, gibt er die primäre Richtung gleich vor. Eng ist’s da, derb und direkt.

Er erzählt von gemeinsamen Besäufnissen (freilich: „Saufen war nicht so meihs“ – generell scheint er in seinem Eggenfelden nicht geradezu prädestiniert dafür, im Mittelpunkt zu stehen). Er erzählt von Bräuchen in den beiden Discos, von prägenden Treffen mit schlag-fertigen Hiphoppern auf dem Real-Parkplatz („Hast n’Problem? Nein? Dann hast Du ein Problem“), vom örtlichen Fitneß-Center oder einer Geburtstagsfeier bei der Arzttochter Jenny, in die er sich verliebt hat. Und als dort auf seine knallenge „gelbe Latexhose“ gekotzt wird, ist er seiner Mama dankbar, die sie ihm geschenkt hat.

Da kringelt man sich fast, wenn er den prototypischen Hiphopper „Hansi“ parodiert, den bund- und schlagstarken „Hansinator“ mit Ghettobluster. Man kann das bestens nachvollziehen – und beileibe nicht nur auf dem Land.

Das niederbayerische Jung-Milljöh wird ihm, voraussehbar, bald zu eng. „Rockstar“ will er werden, die USA locken. Nepo geht in den Jugendaustausch -und gerät vom Regen in die Traufe: Er kommt in ein Kaff von 500 Einwohnern – „und wir lebten außerhalb“. Seine Gastgeber, auf der Bühne plastisch dargestellt, sind so dumpf, wie das Niederbayern gar nicht gleich sein können. Seiner „Rockstar“-Karriere kommt der Bub aus Germany keinen Schritt näher.

Also kommt er zurück, macht sein Abi – und endlich lockt die Groß-, die Weltstadt: Er geht nach München. Und landet, oho, gleich bei Siemens – freilich als Fensterputzer. Und schon wieder ist’s nix damit, bei den Mädels „einen Stich“ zu machen.

Also beschließt er, zu studieren – und beginnt Betriebswirtschaft: „Für meine Familienverhältnisse war das revolutionär“. Er gerät unter geschniegelte Zukunfts-Manager – und wird daheim abgestellt als der „BWL-Rebell“. Also geht er auf die Schauspiel-Schule – und lernt, wie man „mit dem Knie atmen“ kann.

Immerhin, weiß er fast beiläufig zu erzählen, darf er in der ZDF-Premiumserie „Unser Charly“ zum Schimpansen einmal zwei Worte sagen: „In Eggenfelden war ich jetzt ein Star“.

Nepo Fitz ist klug und talentiert genug, zu wissen, dass er auf fremden Bühnen als „der Sohn von“ nicht punkten kann. Also bemüht er sich nachdrücklich, mit seinen vielen, unübersehbaren Talenten zu glänzen.

Was ihm hervorragend gelingt. Er verabschiedet sich mit „Dischingerischem Grunzen“. Sehr bei- und kein bisschen abfällig verabschiedet ihn sein Publikum: Er sollte wiederkommen!