Subtil serviert: Stefan Waghubinger lockte die Zuschauer in der Dischinger Arche mit seinem Programm „Jetzt hätten die guten Tage kommen können“ auf die Fährte einiger versteckter Pointen.
Stefan Waghubinger leidet an Trennung. Eine an sich traurige Angelegenheit, über die sich allerdings das Publikum am Sonntag in der Arche bestens amüsierte. Denn so wie der österreichische Kabarettist und. Theaterpädagoge durch dieses Thema mäanderte, dabei scheinbar zusammenhanglos und scheinbar naiv auch Seitenwege streifte und die Pointen so subtil streute, mussten die rund 120 Zuschauer schon höchst konzentriert bei der Sache bleiben, um auch ja alle Feinheiten mitzubekommen.
Auf der Suche nach den Pointen
„Jetzt hätten die guten. Tage kommen können“ heißt Waghubingers Programm; ganz ruhig und bedächtig und dabei erst auf den zweiten Blick hinterhältig beschreibt er, was .die Tage zu nicht so guten Tagen macht. Die Trennung natürlich, weil sie sich in einen Maler verliebt hat, der seine Werke in einer Bank ausgestellt hatte. Was Banken eben neuerdings so tun, seit es keine Zinsen mehr gibt. Mit der Trennung einher geht der Umzug zurück zu seinen Eltern, wo Mutter mit der seit der Kindheit verhassten Schwammerlsuppe droht. „Wenn Du groß bist, darfst Du das selbst bestimmen“, hatte Mutter einst gesagt, eine widersprüchliche Weissagung für den kleinen Schwammerlsuppenverweigerer, war doch seine Mutter selbst groß und hätte doch daher wissen müssen, dass ihr Versprechen niemals eingelöst werden wird.
Er wisse oft schon vorher, was komme, sinnierte Waghubinger -auch im Fall der Trennung: Da habe er seit einem Jahr gespürt, dass die Beziehung seit fünf Jahren unglücklich verlaufe. Einem Beziehungsratgeber folgend, habe er mehr Nähe vorgeschlagen, doch die Gattin wünschte nur mehr Nähe zu Dingen, die weit von ihm weg waren. An der Trennung nach 20 Jahren habe er doch zu knabbern, weil es ja gerade die schönen Dinge seien, die in der Erinnerung traurig machen, weil sie vorbei sind. Glücklicherweise habe es nur wenig schöne Dinge gegeben. Er möchte gar nicht schlecht reden über seine Frau,
aber wer soll es denn sonst tun? Den Rat eines Freundes, doch mal in den Swinger-Club mitzukommen, schlägt Waghubinger rundweg aus: Da gehe er doch lieber in Gruppentherapie, da müsse er die Probleme der anderen nur hören. Freilich beschäftigen den von Gattin und Schwammerlsuppe gebeutelten Protagonisten des Programms auch andere Themen: Leitkultur, die seiner Ansicht nach nur in den Lichterketten im Advent besteht, Heiligsprechung für Anfänger, Fernsehprogramm, das für Menschen unter 99 Jahren und funktionierendem Gehirn nicht geeignet ist, die „betenden Hände“ von Dürer, die heutzutage eher „eine Mücke totschlagende Hände“heißen müssten, weil zwar zu Zeiten Dürers alles religiös war, heute aber gar nichts mehr bis auf archäologische Funde, deren Bedeutung teils einfach auf religiöse Hintergründe geschoben wird. Sollte also in der Zukunft mal Atommüll, Plastik im Meer oder gar ein ganzes Kaufhaus gefunden werden, müssen die folgenden Generationen den Menschen von heute wohl für ausgesprochen religiös halten.
Im Hier und Jetzt zu leben, wie es Waghubinger in seinem Programm vorschlug, aber doch zugeben musste, dass dies meistens zeitlich ziemlich ungünstig sei, war am Sonntag in der Arche eine einfache Übung: Abschweifungen konnte sich der Zuhörer gar nicht erlauben, wollte er den geschliffenen Fährten zu oft versteckten Pointen folgen. Die Lust am Finden war ohnehin groß genug, um bei der Stange zu bleiben. Das war kein zusammengepanschtes Fast Food, das war ein sorgfältig zubereitetes und serviertes kabarettistisches Gourmetmenü, in dem zuweilen auch ein gut gewürztes Bonmot von Imbiss-Rolf Platz hatte: „Das Leben ist wie eine Schwammerlsuppe. Das Haar darin findest Du :nur, wenn Du es suchst.“
Stefan Waghubinger
Der österreichische Kabarettist und Kinderbuchautor trat 2011 zum ersten Mal mit seinem ersten Soloprogramm „Langsam werd‘ ich ungemütlich“ im deutschsprachigen Raum auf.
Seit 2014 spielt er sein zweites Soloprogramm „Außergewöhnliche Belastungen“ und seit 2017 sein drittes Soloprogramm „Jetzt hatten die guten Tage kommen können“.