Michael Altinger in der ARCHE
Was bleibt, wenn man ein gewisses Alter erreicht hat und das Leben allmählich vom Ende her definiert? Wenn man noch nicht viele Krankheiten hat, aber gerne schon mal über sie redet?
Eine ganze Menge. Jedenfalls genug, um zwei Stunden mit Kabarett des oberen Spaßlevels zu füllen. So wie Michael Altinger am Sonntag in der Dischinger Arche, zusammen mit Martin Julius Faber an Gitarre und Keyboard.
„Schöner Arsch“ hieß Altingers Programm; und dieser Begriff charakterisiere auch seine eigene Person, sowohl von vorne wie von hinten, im Positiven wie im Negativen, meint er. Dazwischen, quasi im Mittelpunkt der Gesäßbeschau: der Kabarettist selbst, der sich als niederbayrisches Energiebündel von Gag zu Gag schwang, ohne jemals den roten Faden zu verlieren. Denn der war gar nicht erst ausgelegt worden.
Altinger quasselte ihn sich hemmungslos von der Seele, den Bewusstseinsstrom einer endzeitgeplagten Ü40-Generation. So dass allenfalls ein paar vereinzelte Kreuzungspunkte im Themenlabyrinth auszumachen waren. Und die markierten pointensatt, wie denn die zweite Lebenshälfte sinnvoll gefüllt werden könne.
Was also tun? Vor allem Ballast abwerfen: Weg mit schlechter Literatur und her mit der guten, über die sich klug schwadronieren lässt als ernsthafter Depp mit Intellektuellenbrille auf der Nase. Weg mit den ganzen Brettspielen – außer mit „Fang den Hund, du Sau“, bei dem am Ende der Verlierer die Schweinemaske tragen muss. Vor allem aber weg mit den überflüssigen Augenblicken im Alltag, die man am besten im Momentschlaf übersteht.
Verzweifelt hadert Altinger mit der Gegenwart, in der nicht mehr viel Handlungsspielraum übrig bleibt, weil das Internet schon alles Wesentliche übernimmt, unsere Buch- und Partnerwünsche kennt und vor allem eines zeigt: dass wir nicht mehr die Einzigen sind, die so sind wie wir. Und nur ein paar einsame Hähne krähen noch nach Datenschutz.
Wo sind sie geblieben, die Unberechenbaren, die lieben Engel und bösen Teufel? „Schleicht doch mal auf den Golfplatz und bieselt die Löcher voll“, empfiehlt Altinger allen braven Kindern von heute. Danach kann man immer noch Karriere machen. Erfreut euch daran, ihr boshaften Erwachsenen, kleine Mädchen am Löwengehege in die erste Reihe zu lassen, damit sie dort vom Anblick verfütterter Hasen und Zebrababies fürs Leben gezeichnet werden. Ein Arsch, wer Böses dabei denkt. Ein schöner Arsch. Was bleibt am Ende von Michael Altinger? Mit seinen eigenen Worten gesprochen: „Manchmal ist es wichtig, dass ma öfter amol a Gaudi hot.“ Man hat eine gehabt.