Geballte Frauenpower auf der ARCHE-Kleinkunstbühne


Bericht von Inge Grein-Feil vom 03.03.2020 08:00 Uhr


Geballte Frauenpower auf der ARCHE-Kleinkunstbühne
Heidi Friedrich und Birgit Süß offenbarten sich nicht mit „Bla-Bla“, sondern als wortgewaltige Zauberinnen mit starker Sprache

Auf der Pirsch
Foto: Siggi Feil

In der nahezu ausverkauften ARCHE erlebte das Publikum beim „BlaBla-Land“ schon am Eingang eine Überraschung. Inge Grein-Feil begrüßte die Gäste mit einem Schild, auf dem man sich entscheiden konnte, ob man mit Handschlag und Desinfektion oder mit einem Lächeln und Gummibärchen begrüßt werden wolle.
Als sich punkt 18 Uhr der fiktive Vorhang hob, erlebte man mit Heidi Friedrich und Birgit Süß, den beiden Fränkinnen, ein großartig eingespieltes Team.

Mit geballter Frauenpower ergänzte sich das Duo wunderbar, sie spielen sich die Bälle zu und glänzen mit synchronen Choreografien. Daneben begeisterten sie mit interpretierten Neufassungen musikalische Nummern wie vom Band.
Hinter der Bühne stapelte sich ein Berg Accessoires, mit denen sie sich in Sekundenschnelle zu Soldatinnen, Jägern, Burkaträgerinnen und Influencerinnen verwandelten. Auch „Liebelein“ und „Manfred“,  die beiden Hündchen waren beim Tierarztbesuch mit von der Partie. Viel lachend garnierten  Beifall bekam der Einblick in den Alltag in der Bundeswehr-KiTa. Die kleinen Fähnriche wurden mit Kommandos auf ihren zukünftigen Alltag in der Marder-, Leopard – und Dachsgruppe eingeschworen. Hinter scheinbarer Blödelei offenbarte sich – ohne Rast und ohne Ruh – intelligente Hintersinnigkeit.
Als CDU-Influencerinnen retten sie per You-Tube-Video den Parteisprecher Philipp Amthor „voll nice“ vor dem Internet-Rowdie Rezo.
Die Frage an das Publikum „Sie wohnen noch in einem Haus mit Lichtschaltern? Und in keinem Smart Home “ beantworteten sie gleich selber. Sie selber möchten kein Haus, das meistens intelligenter wäre als seine Bewohner. „Wir wollen auch keines, das uns das Denken abnimmt, wo man auf den Seychellen das Zuhause mit Kameras alle fünf Minuten kontrolliert und die blumengießende Nachbarin überwacht.“ Ja, man könne sogar den daheimgebliebenen Kindern die Freude an der sturmfreien Bude ganz einfach mit dem Wechsel der Musik von Pop auf Kastelruther Spatzen rauben. Ausdrücklich betonten sie die Abneigung gegen Möglichkeiten digitaler Vernetzung mit einem russischen Hacker in der modernen Waschmaschine noch auf Facebook mit dem Staubsauer befreundet zu sein.
Tanzend und singend verteidigen sie voller Ironie die unbequemen Alternativen zu PS-starker Mobilität – wie Laufen oder Carsharing –  „Wir schauen herunter auf Sie – wir fahren gern SUV!“  Wer will denn schon zu Fuß zum Fitness-Studio laufen? „Ohne meinen Porsche-Cayenne zum Aldi, da denken die Leute ja, ich wäre arm.“
Das tempogeladene Programm wurde noch mehr gesteigert durch die „Jäger-Szene“:
Zwei Jäger langweilen sich beim Ansitz auf Wildschweine und kommen in ihrem schwerfälligen einfältigen Dialog über Schweinepest, polnische LKW-Fahrer und den geplanten Zaunbau der Dänen schließlich auf den Jagdkonkurrenten Wolf, den man doch bitte in sein sicheres Herkunftsland schicken solle. Eine großartige Satire, die das Publikum begeisterte.
Nach zwei Stunden Witz, Satire und Komik, garniert mit viel Nachdenkenswertem gibt’s nach nicht enden wollendem Beifall noch eine Zugabe. Doch als weitere Zugabe lässt sich auch der heitere Schlussdank durch Veranstalterin Inge Grein-Feil werten. Dass sie Kabarett so liebe, weil sie die Künstler, hauptsächlich die männlichen, am Ende küssen dürfe. Doch das fiele ja heute aus hygienischen Gründen ins Wasser. Als dann Birgit Süß drei Mal Mundschutz hervorzauberte, stand dem gleichgeschlechtlichen Abschiedsküsschen und der Zusage aufs „gerne wiederkommen“ nichts mehr im Wege.