Schön mit Schweinskopfsülze


Bericht von Marita Kasischke, Heidenheimer Zeitung vom 06.11.2018 09:00 Uhr


Inka Meyer kam als Bahnfahrerin erst kurz vor knapp zu ihrem Auftritt in der „Arche“ in Dischingen,

um dort dann amüsante Tipps rund um die wahren Problemzonen der Frau zu geben.



Warum tragen Frauen aus Norddeutschland keine hohen Absätze? Weil sie Angst haben, Löcher in den Deich zu machen. Kabarettistin Inka Meyer muss es wissen, denn sie hat friesischen Migrationshintergrund. Und sie weiß noch viel mehr, wie die rund 130 Zuschauer am Sonntagabend in der ausverkauften Arche feststellen konnten. Zum zweiten Mal war sie dort zu Gast, nach „Kill me, Kate“ nun mit „Der Teufel trägt Parka“, in dem sie die Problemzonen der Frau, nämlich Schönheits-, Mode-, Diäten- und anderen weiblichen Wahnsinn aufs Korn nahm.

Zunächst nochmals zum Themenkomplex hohe Absätze: Aha, auch die norddeutsche Frau hat also eher Angst um den Deich als um ihre Füße. Laut Recherche von Inka Meyer – und sie hat eine Menge recherchiert für ihr Programm – würden Frauen lieber den Orthopäden wechseln als ihre Schuhe, was sind schon Fußschäden gegen eine sorgsam optimierte Optik? Inka Meyer ist da jedenfalls vorbildlich: Sie trägt bequemes flaches Schuhwerk – allerdings eher aus Liebe zu ihrem Mann, der kleiner ist als sie, so klein, dass er zum Schattenspenden keinen Baum braucht, ein Petersilienbüschel tut es auch.

Diät und Tortenrezept

Dieser kleine Mann, mit liebevollem Spott versehen, taucht in ihrem Programm immer wieder auf, er garniert gewissermaßen die Kabinettstückchen. Leibchen statt Latex: Schnaps statt Smoothies, Sinnesfreude statt Frauenzeitschriften, die in jeder einzelnen Ausgabe die Gegensätze Diät und Tortenrezept unter dem Begriff „Bleib wie Du bist“ vereinen, falls die ewige Schönheit und Jugend versprechende Werbung überhaupt dafür Platz lässt.

Auch die knöpfte sich Inka Meyer vor, und auch das muss sie wissen, schließlich ist sie nicht nur ausgebildete Schauspielerin, sondern auch Designerin. Ihr Stirnrunzeln galt allerdings mehr dem Werbeinhalt: „Wer glaubt, dass Collagen die Haut strafft, der glaubt auch, Verzehr von Salat mache photosynthesefähig.“ Und schließlich ließe sich das Collagen ja auch via Schweinskopfsülze verzehren, um ein Vielfaches billiger, im Namen allerdings ein wenig unelegant. Viel glamouröser klingt da schon „Aronia“, die – will man einem Anbieter glauben – aus Nordamerika stammt und bereits von Hildegard von Bingen zur Förderung des Wohlbefindens eingesetzt wurde. Vermutlich hat sie aus purer weiblicher Bescheidenheit Christoph Kolumbus den Entdeckerstatus überlassen. Und vermutlich konnte dieser mit den schnöden Apfelbeeren ohnehin nichts anfangen, denn Männer benötigen ja selbst zum Duschen eine Anleitung. Das meint in diesem Fall nicht Inka Meyer, sie gönnte sich nur das Vergnügen, die Expertenanleitung „Duschen in fünf Schritten“ auf einem Duschgel für Männer vorzulesen.

Inka Meyer ist vieles: brillante Beobachterin, eifrige Rechercheurin, blitzgescheite Wütende, giftig wie Tollkirsche und Stechapfel, und, nach eigenem Bekunden, „unbekannt aus Funk und Fernsehen“. Hinter der Fassade des unschuldigen Mädchens steckt eine Frau mit Freude am Aufdecken, Austeilen und Anprangern, und das auf durchaus äußerst burschikose Weise.

Nach der Pause entspannter

Diese Mischung jedenfalls ließ das Publikum vor Vergnügen kichern und lachen und sich kringeln, auch wenn Meyer dabei einige durchaus schon arg betagte Witze im Programm hatte und insbesondere im ersten Teil manche Pointe im – so schien es – überhasteten Vortrag versanden ließ. Dies mag an der Verspätung der Bahn liegen, die Inka Meyer erst kurz vor knapp in der „Arche“ ankommen ließ, nach der Pause war sie deutlich entspannter und expressiver. Und vielleicht konnte sie damit ihren Zuschauern, die ohnehin über den gesamten Abend auf ihrer Seite waren, zu mehr Entspannung im Umgang mit Problemzonen verhelfen. High Heels inbegriffen.