Dixieklo für sitzpinkelnde Bauarbeiter


Bericht von Dr. Manfred Allenhöfer/Heidenheimer Zeitung 04.02.2010 vom 04.02.2010 19:40 Uhr


Stephan Bauer über Männer und Frauen, das Eine und das Andere in der ARCHE


„So klein“ ist der Mann heutzutage: Stephan Bauer war in der ARCHE „Auf der Suche nach dem verlorenen Mann“. Und er wurde vielfach fündig - im heiteren Einvernehmen mit seinem kopfstarken Publikum.
„So klein“ ist der Mann heutzutage: Stephan Bauer war in der ARCHE „Auf der Suche nach dem verlorenen Mann“. Und er wurde vielfach fündig – im heiteren Einvernehmen mit seinem kopfstarken Publikum.

Frage ans Dischinger Publikum: „Welcher Mann hier ist der Meinung, zu Hause etwas zu sagen zu haben?“ Natürlich meldet sich niemand in der fast schon überfüllten ARCHE. Steilvorlage also für Stephan Bauer, der sich am Sonntag abend „Auf die Suche nach dem verlorenen Mann“ gemacht hatte.

Er wurde, klar, auch auf dem Härtsfeld fündig; nicht zuletzt das weibliche Publikum stellte, deutlich vernehmbar auch mit Zwischenrufen, ein großes Einvernehmen her mit dem Geschlechtsrollen(ent)problematisierer.

Bauer ist ein glänzender Unterhalter; was er macht, ist von großer Pointendichte (doch, das muss  auch ein nüchterner Mensch, ja Mann zugeben: fast jede Pointe saß!). Was er macht, geht eher in Richtung Comedy als Kabarett – leicht eingängig und doch so eine Art Espritainment.

Denn Bauer, der sich ironisch in Frage stellende Mann („ich bin so’n Netter“), wirkt zwar alles andere als verkopft; einige der (ziemlich additiv aneinander gereihten) Nummern zeugen von schrägem, skurrilem, ja manchmal fast schon absurdem Humor. Und auch das Eingängige ist alles andere als simpel.

Er berichtet von 1,30 Meter hohen Dixieklos, die jetzt auf Baustellen zu finden sind, damit die Bauarbeiter endlich im Sitzen pinkeln können. Oder er stellt das Auto als Sexsymbol in Abrede:

„Dann würden wir Männer ja beständig in die Garage raus und rein fahren. Und unser Auto nur noch einmal im Monat waschen“.

Solche Schlaglichter auf und unter die Gürtellinie scheut er nicht. Deftig darf’s schon sein, peinlich ist es nie. Das Dischinger Publikum hat keine Probleme damit und lacht herz- und ganzkörperhaft mit.

Doch, er sei sehr für Gleichberechtigung, meint der manchmal etwas nölige Kunstmann auf der Bühne („Wenn eine Frau mich demütigt, werde ich zutraulich!“) – um dann aber doch immer mal wieder aus der maskulinen Defensive zu treten und gegen Gleichmacherei herzuziehen. Er behauptet, ein Mann sei mittlerweile wie eine Rolle Küchenpapier: „sanft, saugstark und ständig verfügbar“. Da schimmern, im neuzeitlich männerlarmoyanten Rückzug, doch ganz gelegentlich auch ziemlich alte Männerklischees durch.

Doch gleich darauf kriegt „der Stephan“ auf der Bühne wieder feministisch eine auf die Nuss, wenn ihn etwa seine Ex nach einem Beischlaf-Gesuch hart abblitzen lässt: „Wenn du Schmetterlinge im Bauch willst, dann steck‘ dir doch einfach eine Raupe in den Hintern“. Klingt heftig, ist aber auch als Metapher gut durchdacht.

Billige Geschlechter- oder gar Sex-Comedy ist das bei Bauer nie, er reflektiert schon ziemlich genau und sensibel die gesellschaftlichen und rollenhaften Wandlungen der letzten  Jahrzehnte. Überm Bett habe er, quasi als Bravo-Starschnitt, den juristisch festgeschriebenen Anspruch des Mannes von 1958 hängen, demzufolge der Mann über die Frau zu bestimmen habe. Heute, ach, sei das ja leider umgekehrt. Und dabei spiegelt er einige durchaus politische Begleitumstände mit feinem Humor: „Heutzutage korrigieren bayerische Erstklässler die Abi-Aufsätze aus Bremen“. Unpolitisch ist der reflektierende moderne Mann keinesfalls.

Und wie ist das mit dem Kinderkriegen? Im Zeitalter grenzen­loser Offenheit könne man den Film-Mitschnitt der Geburt seiner eigenen Kinder ja auch pädagogisch nutzen, empfiehlt er; ungezogenen Kindern solle man das Video zeigen – im Rücklauf:

„Wenn du nicht brav bist, passiert dir das“, der Rückmarsch also in den Frauenleib.

Und er reflektiert die zunehmende Kinderlosigkeit: Er kenne 65jährige, die noch beständig Sex hätten – „weil sie Enkel wollen“. Das ist jener hintersinnige, nur scheinbar vordergründige Humor Bauers, der ihn permanent vor peinlichen Plattheiten schützt.

Nein, sexistisch fundierte Comedy muss nicht geistlos sein.