Pitbulls und Frauen auf Diät


Bericht von Marita Kasischke, Heidenheimer Zeitung vom 06.11.2013 17:06 Uhr


Kabarettist Johannes Flöck begeisterte mit seinen „Alltagsbetrachtungen


Mit seinen „Alltagsbetrachtungen“ begeisterte der aus Koblenz stammende Kabarettist Johannes Flöck jetzt in der Arche. Sein Programm „Der Geschmack der mittleren Reife“ widmete sich bevorzugt dem fallgrubenträchtigen Verhältnis von Mann und Frau
Mit seinen „Alltagsbetrachtungen“ begeisterte der aus Koblenz stammende Kabarettist Johannes Flöck jetzt in der Arche. Sein Programm „Der Geschmack der mittleren Reife“ widmete sich bevorzugt dem fallgrubenträchtigen Verhältnis von Mann und Frau

Sophokles bereits wusste es: Mann und Frau – sie passen einfach nicht zusammen. Rund 2500 Jahre später ist diese Erkenntnis keineswegs überholt, sondern zum beliebten Tummelplatz für Kabarettisten und Comedians geworden. Auch Johannes Flöck, Metzgerssohn und Kabarettist aus Koblenz, nutzt diese nach wie vor keineswegs abgegraste, sondern ergie­bige Weidefläche in seinem Programm „Der Geschmack der mittleren Reife“, an dem sich das Publikum am Sonntagabend in der ausverkauften Arche Dischingen sichtlich und hörbar weidete.

Und es ist ja auch erstaunlich, dass immer noch Neues gefunden wird in diesem scheinbar so abgearbeiteten Thema: Der Operettentonfall beispielsweise, den Frauen so gerne vorzugsweise im Gespräch mit anderen Frauen anschlagen – wo kommt er nur her?

Johannes Flöck fand zwar keine Antwort darauf, amüsierte sein Publikum aber königlich mit seinen Nachahmungsversuchen, die hohen Wiedererkennungswert hatten.

Oder auch die Pärchenabende, die den herkömmlichen Samstag einer Frau in einen Großkampftag verwandeln, der mit dem Einkauf vor Sonnenaufgang beim Biobauern beginnt, Station über Anweisungen an den Partner zum Großreinemachen der Wohnung in sämtlichen Stellen macht bis hin zum fein ausgeklügelten und sorgfältig zubereiteten Siebengängemenü, dessen Genuss zu den immer gleichen Gesprächsthemen zelebriert wird: Lobpreis der Wohnung des Gastgebers, Präsentation des Finanzierungskonzepts durch den Gastgeber, das die Gäste mit den eigenen Einrichtungsvorstellungen kontern. Erkenntnisse wie diejenige, dass Frauen auf Diät und Pitbulls sich lediglich durch Lippenstiftauftrag unterscheiden lassen, haben freilich bei einem Pärchenabend genauso wenig Platz wie die neue Deutung von Cellulite, die doch nichts anderes sei als „Ich liebe Dich“ in Blindenschrift. Der Erfolg solcher Behauptungen in der Arche war gewiss, bei einem gemütlichen Beisammensein unter Paaren sicherlich eher ein Moratorium im Liebesleben die Folge.

Der Geschmack der mittleren Reife, von dem Flöck kosten ließ, beinhaltete aber noch wesentlich mehr Bestandteile als lediglich Mann-Frau-Duftstoffe. „Luxusbad statt Zölibat“, rief Flöck angesichts der Limburger Verhältnisse in der katholischen Kirche aus, und „Statt Full-HD nur Empty IQ“ fiel ihm zur Diskrepanz ein, die die an­spruchsvolle TV-Ausstattung oftmals zur anspruchslosen Haltung des Gehirns bildet. Sein Vorschlag wäre eine Warnung wie auf Ziga­rettenschachteln a la „Diese Sendung ist für Zuschauer nicht geeignet“.

Protestbürger müssen her, wetterte Flöck, Protestbürger wie Opa, der einfach mal gegen alles war. Doch auch Wutbürger sind dem Zeitgeist unterworfen: Sahen Demonstranten früher so aus, als hätten sie den Inhalt von Alt-Kleider-Säcken noch eigens von „alt“ auf „alt und zerlumpt“ gepimpt, so mache eine Demo heute eher den Eindruck eines Fotoshootings eines Herstellers wetterfester Kleidung, die garantiere, „draußen zu Hause“ sein können. Und schließlich durfte auch das Thema nicht fehlen, das sich plötzlich und unvermeidbar in das Leben der Mittvierziger drängt: die ersten Zipperlein.

Wobei freilich, das gibt Johannes Flöck unumwunden und selbstkritisch zu, der Mann die besseren Anlagen zur Hypochondrie mitbekommen hat. Und Frau halt einfach nur neidisch ist, weil Mann die schickeren, interessanteren Krankheiten hat. Tja, und da wären sie dann wieder, die paar Paar-Probleme, mit denen sich die-Menschheit vermutlich auch die nächsten 2000 Jahre herumschlagen wird. Warum auch nicht, wenn das so vergnüglich geschieht wie bei Johannes Flöck, der das gesamte Publikum fast schon zum Wiehern brachte.

Freilich blieb die Frage, warum wir denn im Alltag nicht auch ständig am Wiehern sind, denn Flöck tat nichts als das: den Alltag wiedergeben. Und die Erkenntnis ist ja auch schon wieder zum Brüllen komisch.