Dieter Hildebrandt in Dischingen mit seinem Programm „Ich kann doch auch nichts dafür“
Die Egauhalle in Dischingen ist voll besetzt, Inge Grein-Feil begrüßt im Namen des Vereins den Gast als einen, „der noch nicht umgestellt hat auf Comedy“ und ruft Dieter Hildebrandt auf die Bühne. Es beginnen zweieinhalb Stunden Ein-Mann-Kabarett.
Glückforschung ist das erste Thema, das der große alte Mann des deutschen, politischen Kabaretts aufs Köm nimmt, bevor er ins Programm einsteigen will, was dann aber den ganzen Abend über nicht geschieht.
Glückforschung mit der Maßeinheit „Raffelhüschen“ und dann Pointen in beinahe jedem neuen Satz: Bei Strauss-Kahn hat sein „außerparlamentarisches Organ die Macht übernommen“. Der Papst in Deutschland: Besuch der alten Dame. Die Banken kriegen Milliarden, wofür andere 20 Jahre kriegen. Angela Merkel: „Ich weiß nicht, wer ihre Reden schreibt, aber ich glaube, er mag sie nicht.“ Guttenbergs Schlusssatz beim Rücktritt („… meine Kraft ist am Ende.“): „Selbst der stammt nicht von ihm, sondern wahrscheinlich von Captain Kirk.“
So geht es weiter und weiter. Hildebrandt sitzt am quadratischen Tisch, eine Leselampe auf Augenhöhe, hantiert mit ein, zwei Brillen, liest aus dem Manuskriptstapel in seinen ständig bewegten Händen, extemporiert, spricht laut und selten leiser.
Das Publikum freut sich, es wird viel gelacht, häufig geklatscht. In der Pause hört man Sätze wie: „… der wird ja immer besser…“, „.. .und in dem Alter…“ (Hildebrandt ist 84 Jahre alt), „.. .jetzt ist er doch bestimmt zum fünften Mal in Dischingen und immer noch der Alte“ „… einfach Klasse.“
Hildebrandts Kabarett ist politisch, aber er scheut auch nicht vor Kalauern und Sottisen zurück („Burnout? Gab’s früher nicht. Da ging man ins Wasser oder ins Ausland oder man hat sich erschossen, wenn man’s sich leisten konnte.“)
Im zweiten Teil des Abends klingt manches wie Büttenrede, lustig, auch mal albern und immer wieder durchsetzt mit hie bissigen, da launigen Kommentaren des Zeitgeschehens und seiner Akteure:
„Rösler an der Spitze seiner Krabbelgruppe“, Dobrindt, „der Mann, den man seinen Kindern zeigt, wenn die nicht lernen wollen“, Schavan: „Wenn ich die in Deutsch gehabt hätte, wäre ich Naturwissenschaftler geworden.“
Er erzählt Witzchen und Witze von Antek und Frantek und aus Bayern, lässt kaum ein Thema aus, auch nicht die Missbrauchsprobleme in der katholischen Kirche: „Der Papst weiß nichts. Vielleicht sein Chef auch nicht. Weiß der Teufel.“
Gegen Ende des intelligenten, unterhaltsamen Schwadronements ist Hildebrandt immer noch nicht bei seinem „Programm“ und widmet sich dem Alter samt Patentstock und verbiestertem Rap über die Jugend. Und das auf der Basis des Seniorentrostes: „Man wird weniger nachtragend. Wegen der Vergesslichkeit.“