Kabarettistin Lisa Fitz begeisterte in der ausverkauften ARCHE


Bericht von Dr. Manfred Allenhöfer, Heidenheimer Zeitung vom 25.04.2012 11:01 Uhr


Die Aufführung wurde durch die Stefan Doraszelski-Stiftung gefördert!


Lisa Fitz in der ARCHE - gefördert durch die Stefan Doraszelski Stiftung
Lisa Fitz in der ARCHE – gefördert durch die Stefan Doraszelski Stiftung


Es ist ein Vorteil von Kulturveranstaltungen in kleinen Orten, dass man in der Pause schon mal den Parkplatz besichtigen und schauen kann, woher das Publikum kommt und mit welchem Fahrzeug der Künstler angereist ist. Letzteres ist natürlich besonders interessant, wenn das Programm, wie neulich in der ARCHE, betitelt ist mit „Super Plus – beten und tanken“.
Und, schau schau: Da steht ein prachtvoller Amischlitten hinter der Dischinger ARCHE – Lisa Fitz ist mit einem „Cadillac Brougham“ angereist. Passt scho, denkt man da. Aber wenn Fitz die „Bürger als Tankstelle“ missbraucht sieht („ozapft is“) oder über die Kanzlerin herzieht, die mit ihrer „C02-Schleuder“ durch die Lande fährt, relativiert sich doch die eine oder andere Pointe. Oder potenziert sich, je nachdem, wie man’s sieht.
Die ARCHE war ausverkauft, seit Wochen schon; aber Lisa Fitz bevorzugte den Auftritt im intimen »Freunde«-Sälchen; die Egauhalle hätte sie womöglich auch gefüllt. Jedenfalls hat sie ihre anwesenden Fans (die nicht zum Zug gekommenen womöglich schon) kein bisschen enttäuscht:
Die Frau mag schon um die 60 sein – an Temperament hat sie nicht verloren. Auch nicht an Lautstärke. Mag sein, dass ihr erotischer Furor mittlerweile ein wenig moderater ausfällt – weniger weiblich ist sie deshalb nicht.
Fitz macht „Kabarett“, darauf legt sie Wert – und das heißt auch: Sie würde die Welt gerne ein bisschen besser machen. Aber da ist sie abgeklärt genug, zu erkennen, dass ihre Wirkungsmächtigkeit von der Bühne herab wohl endlich ist – ein Hauch von Resignation ist bei der erfahrenen Rampenfrau gelegentlich schon zu spüren.
Politisch ist ihr Programm schon auch, zeit- und religionskritisch – mit scharf zugespitzten Aussagen. …  Aber Fitz will auch unterhalten, sie erzählt G’schichtle und Anekdoten, sie imitiert und parodiert. Sie kann auch wirkungsvoll grimassieren, wie ihr abschließend zugegebenes „Nümmerchen“ über eine dreifach geliftete Ehefrau belegt.
Und dann hat sie natürlich ihre knallbunt bemalte Gitarre dabei, greift beherzt in die Saiten und singt frisch-freche Gstanzerl dazu.
Durchgehend beeindruckend ist ihre Power – das ist ihr sexy Alleinstellungsmerkmal. Ihre Nachdenklichkeit muss das nicht behindern. Sie kann sehr direkt und frech sein; und ein romantisches Liebeslied bekommt bei der gereiften Lisa, dieser saftig mundenden „Emanzen-‑ Spätle­ se“, einen eigenen, durchaus anrührenden Zungenschlag.
„Gier frisst Hirn“: Der Konsumwahn, beileibe nicht nur der geldsatten Schickeria (die sie aber bevorzugt und prachtvoll parodiert), ist ihr Lieblings-Hassthema. Herrlich ihre Szene aus der Gucci-Boutique, wo sie den Preis einer Handtasche aus „Cobrahoden“ dem gegenüberstellt, was ein Kind der Dritten Welt zum Leben braucht.
Und immer wieder Banken und Ölfirmen – sie bringt da den Saal gar zum bereitwilligen Mitsingen: „Tanken und beten“, brummen die Männer, „für die Moneten“, säuseln die Frauen. Dazu fegt eine „Laola“-Welle durch die ARCHE.

Auch wer Lisa Fitz vor 14 Monaten im Konzerthaus erlebt hat (übrigens im identischen Outfit) oder jahrs zuvor im Lokschuppen, war begeistert von der bajuwarischen Links-Walküre, die ihre Hoffnung auf die Verbesserbarkeit der Welt nicht aufgeben mag. Deshalb war ihr Schlusssatz wieder das bewegen wollende „Du bist Deutschland – wehr’ Dich!“
Da ist sich die Temperamentvolle in ihrem Anspruch treu geblieben. Einen Cadillac hat sie ’68 vermutlich nicht zu erträumen gehofft – der parkte damals wahrscheinlich noch auf der anderen Seite.