Fast schon frenetischer Beifall in der ARCHE
Er reflektiert sich selber in seinem Programm, nicht ohne Koketterie. Dann verweist Hubert Burghardt etwa, ironisch lächelnd, auf seine „Pointen-Doppelung“ oder inhaltliche „Dreibödigkeit“. Doch das Publikum in der ARCHE war einleitend auch darauf hingewiesen worden, dass es „nicht einfach“ werde.
Der 53-jährige kokettierte auch mit dem Hinweis, dass er „die 50 deutlich überschritten“ habe – aber ernst nehmen darf man seine Schlussfolgerung daraus, dass diese Generation noch das „politische Kabarett“ gelernt habe und noch immer pflege. Was Entertainment aber nicht verhindert; oft setzt sich Burghardt ans Klavier und singt eigene, textbewusste Lieder. Was auf den Kreuzfahrten, die er oft begleitet, wohl ebenso gut ankommt – „MS Europa und ARCHE, das passt ja“, meinte einleitend Inge Grein-Feil.
Der Dortmunder war mit seinem Programm „Weltverbesserer“ nach Dischingen gekommen; und man durfte den Titel als programmatisch verstehen: Da steht einer auf der Bühne, der ein Anliegen hat, der sich erregen kann – und aus seiner kritischen Sicht auf unsere Gesellschaft funkelnde Pointen zu generieren weiß.
Doch kommen seinen oft situationskomischen Einwänden und Parodien nicht aus einer schnell identifizierbaren weltanschaulichen Ecke: Der Sozialpädagoge kann seine rhetorischen Stachel auch gegen allesverzeihende Political Correctness wenden: „Assis sind asozial“ sagt er dann und folgert: „Wir degenerieren uns doch selber“. Sein (ironisch) sozialdarwinistischer Kampfruf: „Checken oder verrecken“.
Burghardt hat ziemlich akkurat vorgefertigte Nummern, ein cooler Improvisateur ist er nicht. Doch kann er sprachlich herrlich parodieren; er hat einen prollen Zungenschlag ebenso erfrischend drauf wie den eines ukrainischen Altenpflegers oder, seine Glanznummer, den von „Gandolf“, eines leicht stotternden, halbintellektuellen Atomkraftgegners. Dabei ist wichtig für Burghardts Selbstverständnis, dass die be¬haupteten Sachverhalte sauber recherchiert und „real“ sind -auch das reflektiert er auf der Bühne.
Und so bringt er, ziemlich am Ende seines brutto fast dreistündigen Programms, die im Kontext wahrlich erschreckend komische und nur scheinbar absurde Dialognummer über das Exekutionsfahrzeug eines japanischen Herstellers („nichts ist unmöglich“), das von China für die saubere und mobile Hinrichtung von Verurteilten gebaut wurde.
Auch da, wie bei der eigentlich kabarett-untypischen Nummer über letzte Fragen („Kennen Sie Gott?“, fragte er sein Dischinger Publikum) war deutlich zu spüren: Burghardt, der „Weltverbesserer“, nimmt seine kabarettistischen Anliegen ziemlich ernst. Von daher nur folgerichtig das „Loblied des Anachronismus“ vom politischen, weltanschaulich getriebenen Kabarett. Fast schon frenetisch der Beifall des Publikums.