Bernd Kohlhepp löst in der Haut seines Alter Ego Herr Hämmerle wahre Lachsalven beim Publikum aus
Eigentlich lässt sich schon im Voraus ahnen, was das Publikum erwartet, wenn Herr Hämmerle sich dem Thema Weihnachten widmet. Trotzdem gab’s pointierte Überraschungen in Hülle und Fülle. Da kommt er, mit farbenfrohem Anzug – knalliggrashüpfergrünen, roten und tannenbaumgemusterten, blauen und weihnachtssternverzierten Polyester-Anzug unter tosendem Begrüßungsapplaus , hinterm Entree-Vorhang hervor.
Mit viel Hurra betritt er die kleine Bühne, auf der Feststimmung zu ahnen ist. Doch das Tragische zuerst, seine bessere Hälfte hat ihm – trotz letztem Versuch einer Therapie bei Frau Dr. Sonnenschein den Laufpass gegeben. Die altgedienten Eheleute ersticken jeden noch so zarten Versuch einer Annäherung im Keim und bedienen sich lieber verbaler Keulen. Und nun weihnachtet es all überall. Dumm gelaufen. Aber Herr Hämmerle wäre nicht Hämmerle, wüsste der gewiefte, lebenserfahrene Antiheld, darin nicht auch Vorteile zu sehen. Denn so eine Bescherung geht meist sehr ins Geld, besonders wenn man vereinbart hat, sich eigentlich gar nichts zu schenken.
Wer schenken muss, mag den ganzen Trubel überhaupt nicht. Wer beschenkt wird, umso mehr. Doch Herr Hämmerle feiert dieses Jahr nur mit sich selbst und wo ein Mann ist, ist eine Lösung nicht weit. So schenkt er sich zum Fest eine Akkubohrmaschine.
In der vollbesetzten ARCHE kommt das Publikum kaum zu Luft holen für lauter Lachen über aberwitzige Situationen aus Hämmerles Kindheit. Er freute sich alljährlich über die Märklin-Eisenbahn, die dann vom Vater schnell wieder weggepackt und man glaubt es kaum, selber unter den Nagel gerissen wurde. Die Schläue von Herrn Hämmerle offenbart sich auch als Erbstück in der Bescherung: Mutter schenkt Vater Granatohrringe, Vater der Mutter eine Hobelbank. So kriegt jeder was er will. Und eben dieses Familienoberhaupt mutiert beim Präsent der Baumwoll- Unterwäsche noch am selben Abend zu „Jack dem Feinripper“. Dank auch der ungeahnten Härte von Großmutter selbst gebackenen Springerle, an dem sich die Familie die Zähne ausbiss. Die ganze Familie? Nein, Klein Hämmerle war schon damals hart im Nehmen.
Fast wie ein Theater im Theater ist die Geschichte vom Weihnachtskarpfen, der in der Badewanne seinem Ende im Backofen entgegensieht. Alle haben ihn gern, nur nicht zum Fressen. Doch Vater Hämmerle kennt kein Erbarmen und metzelt den schuppigen Spielkameraden seiner Kinder regelrecht hin.
Hämmerles Weihnachtserinnerungen bieten eine unerschöpfliche Fülle von absurden Geschichten: Dass der Verkündigungsengel im Krippenspiel ein Polizist ist und die Hirten nach Alkohol filzt. Als sich Hämmerle dann noch auf dem Weihnachtsmarkt seines für den guten Zweck blockflötenden Freundes erbarmt, ihn zum Glühweintrinken schickt und die Sache selbst in die Hand nimmt. „Eine Frau gab mir 100 Euro, weil ihr erst durch mein Spiel klargeworden ist, wie groß die Not in dieser Welt ist“, weiß er über sein Blockflötenmassaker zu berichten.
Doch was wäre Hämmerle alias Bernd Kohlhepp ohne Popsongs und Schlager? So besingt er mit super Stimme von der demütigenden Pein von Männern, die in der Umkleidekabine wahre Höllenqualen leiden, um vergeblich nach dem Notausgang zu suchen. Mit sexy Hüftschwung schmeißt er sich in Pose, um nicht auf die Gutsle, sondern auf den Keks ein knackig-erotisches Hohelied anzustimmen.
Gegen Ende eines brillanten Abends zieht Bernd Kohlhepp alias Hämmerle typisches Resümee: Ob der Christbaum, die Geschenke, gefülltes Herz oder gefüllter Magen, ob arm- oder reichmachend, ist nicht jedes Weihnachten nur „Einweg“ mit einer Neuvertonung des Frank Sinatra-Evergreens „My way“. Passend dazu bläht sich ein aufblasbarer Plastikbaum auf und dreht sich im Kreis.
Kultur in der ARCHE startet am 20. Januar mit dem Kabarettisten Mathias Tretter und seinem aktuellen Bühnenprogramm „Pop“. Diese Veranstaltung ist bereits ausverkauft.