Massel mit Quassel-Klasse


Bericht von Dr. Manfred Allenhöfer, Heidenheimer Neue Presse vom 18.03.2007 15:07 Uhr


Heinrich Pachl brillierte scheinbar mühelos


Da, da: Kann sich im schnellen Redefluss ebenso präzise wie spielerisch ausdrücken: Heinrich Pachl kam am Sonntag aus Köln eigens nach Dischingen angereist, um hier Zweieinhalb Stunden politisches Kabarett zu machen.   ­
Da, da: Kann sich im schnellen Redefluss ebenso präzise wie spielerisch ausdrücken: Heinrich Pachl kam am Sonntag aus Köln eigens nach Dischingen angereist, um hier Zweieinhalb Stunden politisches Kabarett zu machen. ­

Nein, man kann schon sagen: Die Dischinger ARCHE ist ein Glücksfall für die regionale Kulturszene. Sie schließt eine Lücke, deren Rangigkeit erst durch die Qualität dieses Schließens erkennbar ist. Am Sonntag war in Dischingen einer, der nicht so bekannt war, der zudem (ist das wirklich out?) politisches Kabarett macht. Wer da war, hatte an Heinrich Pachl seine helle und manchmal auch dunkle Freude.

Ob man ihn nun ein verbales Maschinengewehr oder einen politisierende Quasselstrippe nennt: Pachl, Kabarettpreisträger des letzten Jahres, redet ungeheuer schnell. Und ungeheuer präzise, auch im Stocken und Stammeln und Verhack­stücken. Und, das macht die Sache noch reizvoller: Er kann auch improvisieren. Was sich der Kölner Kabarettist, den Inge Grein-Feil in Berlin entdeckte, natürlich gerade auf dem „Herzfeld“ gönnte.
Er unterschied beispielsweise zwischen dem „gefühlten“ und dem „echten“ Dischingen – eine reizvolle Kategorisierung, die er auch auf viele politische Gegebenheiten bezog. Und der be­kennende „Spät-Autist“ ließ da nicht viel aus: Deutsche Erfahrungen und die Weltpolitik mäandrierten immer wieder gedanklich aufeinander zu.
Sein Lieblingsthema: Die „pommer’sche Kampf-Kartoffel“, der er eine 20 jährige Kanzlerschaft voraussagte. Den Dicken, auch eines seiner Lieblings-Opfer, werde sie damit übertreffen und „Gechichte“ schreiben; er mache deshalb jeden Tag „Merkel-Möge-Übungen“.
Zumindest seine berufliche Dankbarkeit kennt da fast keine Grenzen – außer denen des schlechten Geschmackes, die er nie überschritt: Pachls Quassel-Klasse lässt getrost die untersten Schubladen geschlossen.
Pachl variiert rasch und mühelos Dialekt oder Zungenschlag;
er spielt mit Nuancen sprachlich wie sprechend – was man bei seinem Redetempo gar nicht immer gleich mitbekommt. Da fällt schon mal ein Satz, in dem er die Arbeitgeber bewundert dafür, wie viel „Verantwortung sie zu ertragen haben für ihre Mietarbeiter“ . . .
Doch man hat keine Zeit, sich an solchen ziselierten Sottisen zu erfreuen. Denn er selber, weil „Arbeit­gebernehmer“ und deshalb selbstausbeutende Ich-AG, hetzt schon zur nächsten Pointe. Und dann kommen auch noch feine Wortspiele hinzu, etwa wenn er moralisiert: „Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen“. Der Mann hat ein stupendes Sprachbewusstsein.
So bewusst ausgearbeitet solche Finessen sind, so scheinbar ziellos und ohne erkennbaren roten Faden eilt er von einer Sache zur nächsten: Der mehrfach ausgezeichnete Kleinkünstler tritt selber hinter seinen Redefluss zurück. Die große Geste braucht er ebenso wenig wie aufwändige Requisite: ein Stuhl, ein Tisch – das reicht. Damit schlägt er sein Publikum (brutto) zweieinhalb Stunden in seinen Bann, bevor er aufbrechen muss, um in Aalen den Zug nach Köln zu erreichen.
Doch zuvor lobt er noch das Härtsfelder Pils, das ihm ein Zuschauer auf den Tisch gestellt hat, auf seine Art: „Das ist wohl mit Steinen gebraut“. Ein süffiger Sonntag-Vorabend!