Pointengewitter mit Kabarettist Stefan Waghubinger in der „Arche“
Der erste Weg des Mannes führt immer in die Kneipe. Besonders wenn er von daheim abgehauen ist. So wie Stefan Waghubinger, der in seiner Not am Sonntag in der „Arche“ in Dischingen Halt machte und erst mal Halt am Bierglas suchte. Und um Fassung rang. Und um Worte. Die dann, wenn sie einmal herausbrachen, für das zahlreich erschienene Publikum ebenso köstlich waren wie das vielsagende schweigende Ringen um dieselben, die hilflosen Gesten, die beredte Mimik, die wohlgesetzten Pausen – Kabarettist Stefan Waghubinger ist ein Meister derselben und weiß dieses Talent höchst wirksam einzusetzen.
Und scheint um jedes Wort zu kämpfen, das da bruchstückhaft nur scheinbar zufällig schließlich Sätze bildet. So erfährt der Zuhörer nach und nach, dass das Abhauen ja eigentlich in schönster Einigkeit erfolgt ist, schließlich hat ja die Gattin gesagt „Hau ab“.
Und vielleicht, so hirnt der Verstoßene vor sich hin, vielleicht ist ja auch das eine oder andere nicht so ganz günstig gelaufen. Geburtstag vergessen, zum Beispiel. Schlecht. Obwohl er von selbst wieder draufgekommen ist, weil er zweimal hintereinander feierte und sie noch gar nicht dran war. Oder noch schlimmer: das falsche Geburtstagsgeschenk. Gutschein für die Schönheitsoperation – ganz schlecht. Schweigewochen im Kloster statt Wellness – noch schlechter.
Obwohl das gut durchdacht war: Wenn Frauen immer behaupten, Männer müssten mehr über ihre Gefühle reden, können Männer doch grad so gut fordern, Frauen müssten mehr über ihre Gefühle schweigen. Er kriegt ja schließlich auch nicht immer, was er sich wünscht, aber macht er deswegen gleich so einen Aufstand? So wie sie, als er ihr ein Kleid geschenkt hat. Gut, er kennt sich mit Kleidern jetzt nicht so aus, und muss feststellen, dass das vermeintliche Gewand doch ein Bettzeug ist. Vielleicht hätte er sich auch nicht mit Burka rausreden sollen. Aber Frauen sind halt auch so kompliziert.
Die besten Freunde hätten er und seine Frau sein können, wenn die Liebe nicht dazwischen gestanden hätte. Und die Liebe, die ist ja neuerdings so kompliziert wie Einparken. Woran bestimmte Ratgeber nicht schuldlos sind: Wie soll ein Mann seiner Frau multiple Orgasmen verschaffen, wenn das männliche Wesen noch nicht einmal eine Katze zum Schnurren bringen kann? Und wie soll ein Mann ein ganzer Kerl bleiben, wenn er jutebeutelbehängt wie ein Känguru am Spielplatz rufen muss: „Komm, Elias, die Mutti schimpft mit uns“?
Und warum setzen sich Frauen überhaupt gegen die Klimaerwärmung ein, wenn sie selbst an Sommerabenden auf der Terrasse zwei Decken brauchen? Und wenn die Pole schmelzen, ja, , dann können doch Pinguine wieder Zugvögel werden und als Frühlingsboten in den Bäumen sitzen!
Aber es ist ja nicht zu reden mit ihr, der Teilzeitallergikerin, die immer dann Migräne bekommt, wenn er sie mal anfassen will, und die nichts anderes im Sinn hat, als ihren Gatten weiter zu domestizieren und zum Reden zu bringen über Gefühle, die er nicht hat und schon gar nicht versteht. Oh ja, es ist das ganze Leid eines vom Schicksal Gebeutelten, das der Österreicher Stefan Waghubinger das in Wortfetzen und virtuos gespielten Unterbrechungen da zu einem hintergründigen und mächtig zum Mitdenken herausfordernden Gemisch dargeboten wurde.
Und warum das alles? „Damit Sie, wenn Sie nach Hause kommen, denken können: ,so schlimm ist es ja bei mir nicht’“. Ob das den kräftig Applaus spendenden Zuhörern so gegangen ist? Wahrscheinlicher ist, dass sie immer wieder von Lachen geschüttelt wurden, wenn sie dieses besonders in der zweiten Hälfte heftig auftretenden Pointengeschütz Revue passieren ließen.