Der Münchner Kabarettist Christian Springer grantelte bei „Trotzdem“ zur Freude des Publikums über sein Leid mit der Leitkultur und manches mehr.
„Ganz Deutschland ist erleichtert“, eröffnete Christian Spinger sein Programm am Sonntagabend in der Arche: „Helene Fischer ist wieder gesund.“
Großes Gelächter beim Publikum, noch mehr, als es um die Ursache ihres Unwohlseins ging, die ja keiner kennt. Wahrscheinlich, mutmaßte der Münchner Kabarettist, ist sie bei einem SPD-Arzt gewesen, der vor der Diagnose erst eine Mitgliederbefragung durchführt.
Und Martin Schulz kriegt einen Job in einer führerlosen U-Bahn. Und der Preußen-Witz stirbt aus. Und abermals großes Gelächter.
Und das gab es sehr häufig an diesem Abend. Springer malte ein plastisches Bild vom seit Monaten leerstehenden Plenarsaal, von den dicken Spinnweben dort und den Strohballen, die durchrollen wie durch eine Geisterstadt – bestens geeignet als Kulisse für einen Film wie „Der letzte Wähler“ oder „The lonely democrat“.
Springer grantelte, schimpfte und wütete in einer Tour. Über die „deutsche Leitkultur“ beispielsweise, ein Begriff, der immer wieder in der Politik auftaucht, ohne dass sich jemals jemand die Mühe gemacht hätte, ihn mit Inhalten zu Versehen-Christian Springer schon: Das Herzstück der deutschen Leitkultur, die Hymne, ließ er von seinen Zuhörern stehend singen, was die textsicherer hinkriegten als Sarah Connor.
Typisch deutsch
Doch gleich darauf wurde das Herzstück genüsslich seziert: Autor Hoffmann von Fallersleben hat den Text seinerzeit an die Engländer verkauft, von denen er zurückerworben wurde, die Melodie stammt vom Österreicher Haydn und enthält bei näherer Betrachtung Spuren eines kroatischen Volksliedes. Typisch deutsch also. In diesem Punkte wäre also jenes Lied besser gewesen, das die Amerikaner seinerzeit für Adenauer in Chicago in Ermangelung einer offiziellen deutschen. Hymne gespielt hatten, nämlich „Heidewitzka, Herr Kapitän“.
Integration ist ein großes Thema bei Christian Springer, im Programm und auch im Leben, ist er doch für seinen Verein „Orienthelfer“ sozial engagiert und deswegen auch sehr nah am Geschehen, von dem er immer wieder berichtet. Das ist oftmals gar nicht komisch,und dennoch zieht er das Publikum auch damit in seinen Bann. Auch gar nicht komisch sind die Erinnerungen Springers an den Tag, an dem er, seinerzeit Student, Franz Josef Strauß mit Eiern bewerfen wollte und zu diesem Zweck eine Wahl Veranstaltung auf den Nockherberg besuchte.
Nun, die Eier sind geflogen, aber aufgrund der Eigendynamik von rohen Eiern und mangelnden Trainings des Werfenden nicht auf dem seinerzeitigen bayerischen Ministerpräsidenten gelandet. Der sich wiederum dadurch nicht davon abhalten ließ, dies und dadurch erlittene körperliche Schäden wider besseres Wissen und gegen alle Kamerabilder zu behaupten, ja sogar, nicht gewahrte Fristen für eingehalten zu, „erklären“.
Damit nicht genug: Den Abschluss an der Uni konnte Springer knicken. Ein Geschehen, das Mutter Springer zu dem Ausspruch veranlasste: „Was machen die denn, wenn‘s wirklich um was geht?“ Die Fassungslosigkeit im Publikum war fast mit Händen zu greifen.
Immerhin ist dem nicht am Ziel gelandeten Ei, zu verdanken, dass:
nun viele Pointen sehr zielsicher landen, denn ohne dieses Vorkommnis wäre Christian Springer vielleicht gar kein Kabarettist geworden.
„Trotzdem“ heißt sein aktuelles Programm; und sein „Trotzdem“ zieht sich durch den ganzen Abend.
Eine Haltung haben
Und es bestimmt auch dessen Ende, bei dem Christian Springer sehr ernst das hohe Gut der Meinungsfreiheit würdigte und mahnte, dieses niemals aufzugeben.
Und gegen das Gefühl der Ohn¬macht empfahl er „Haben Sie einfach eine Haltung“. Denn „a bissl was“, so die bayerische Leitkultur, „a bissl was geht schließlich immer“.