Der freie Radikale


Bericht von Heidenheimer Neue Presse vom 25.02.2007 15:10 Uhr


In der ARCHE in Dischingen: Kabarettist HG. Butzko zeigt in seinem Programm „Voll im Soll“ die launige Essenz des Kleingeistes







Elegant rückt Inge Grein-Feil den Kabarettisten HG. Butzko ins Rampenlicht auf der Bühne der Dischinger ARCHE. Er hat das Outfit eines Boxers: Sein Dresscode signalisiert Schlagkraft, die er dann auch zeigt. Aber nicht die Grobe, nein, die intellektuelle, scharfe Zunge ist die Waffe oder das Skalpell, das höchst präzise von HG. Butzko geführt, die Dinge der großen und kleinen Welten freilegt.

Seine inter-linguistischen Wortgefechte zettelt er mit ausdrucksstarker Mimik und einer vorauseilenden Ernsthaftigkeit an, um sie dann mit einem breiten Grinsen zu beenden. Butzko brettert mit ungeheurer Pointen-Dichte durch das Hirn des Besuchers, der oft nur spät applaudieren kann.

Im Reichstag zu Berlin entdeckt „HGB“ im Vorbeigehen Gammelfleisch, um dann kurz entschlossen nach „Mein Weg“ zu greifen, dem Buch der Kanzlerin. Geschrieben wurde es von der „Bild-Kolumne“ Hugo Müller Vogt und ausdrücklich autorisiert von „Wir sind Deutschland-Angela Merkel“. Dieses grandios perplexe Werk mit einer strahlenden Kanzlerin als Covergirl führt der Sprachartist Butzko an der Leine: von Zitat zu Zitat, ergo zu den Stellen des geistigen Pinkelns – bis zum bitterbösen Ende des literarisch-flachhirnigen Spazier­gangs. Diese Gedanken-Ergüsse der Kanzlerin reißen ihn in die Höhen des Politkabaretts.
Butzko enttarnt mit „mehr Deutschland lernen“ Edmund Stoibers exklusive Sprachfähigkeiten. Siegmar Gabriels Ökotrip mit der Bahn demaskiert er als Heuchelei, weil er ihn von seiner Dienstlimousine am Bahnhof abholt. Das Akronym BfA wird von Butzko als „Bericht für Armutsabwicklung“ dechiffriert.

Der Kabarettist nimmt vieles unter die Lupe. „Ehen werden geschlossen, Unternehmen eröffnet“, so sein süffisanter Vergleich zwischen privaten und geschäftlichen Beziehungen. Das Wort Regierung seziert er bis auf „Gier“, zeigt die Konformität der Staats­finanzen mit den Privathaushalten auf: „Die Ausgaben einer Frau sind schon mal gerne größer als die Einnahmen ihres Mannes“. „Und wie ginge es wohl der Binnenkonjunktur, wenn die Männer fürs Geldausgeben zuständig wären?“, fragt sich der Kabarettist.
Butzko wird zum „perückten“ Kneipen-Philosophen Chris – einer Type, die jedem schon mal sprachlich begegnet ist, aber längst nicht mit solch skurrilen Fragen überrascht: „Warum muss die Giftspritze steril sein?“ Quicklebendig wutentbrannt tauscht er plötzlich die Rollen und mimt den Analysten des Staatshaushaltes. Er schlägt das Kapitel über die Wirtschaftsmacht China auf und fragt, warum die Manager nicht in China residieren, ihre Frauen und Kinder nicht in solchen Ländern ausbilden lassen und warum sie den „Way of Life“ nicht dort genießen wollen

Buztko kämpft mit dem Florett, das amputiert und nur das Wesentliche übrig lässt: Von Gewerkschaft ohne Werk bleibt nur ein „Geschafft“ und aus dem Journalist wird „List“. Er kolportiert VW und die Hartz-Affären, um dann plötzlich einen Blitzstoß auf einen Bildzeitungs-Kolumnisten abzugeben: „Terror der Natur, ist die Zeugung des H. Müller Vogt“. Nonchalant wandelt Butzko bis zum Ende auf des Wortes Schneide. Die schnellen, feinen, polemischen, provokanten, philosophischen, jauchzenden und immer amüsanten Stiche wird das Publikum noch lange spüren, denn der freigelegte Freigeist wird noch lange geistern.
Der äußert sich schon im nachdenklichen Klatschen.