Kabarettist aus Schalke: HG. Butzko präsentierte „Spitzenreiter“ in der ARCHE
Er redet schnell. Und vor allem (meist) ziemlich laut. „Ich komme aus Gelsenkirchen“, sagt HG. Butzko, aufgewachsen sei er gleich gegenüber des Schalke-Stadions: „Die Scheiße wirste nimmer los“, meint er in angemessenem Ausdruck. Doch man soll sich nicht täuschen lassen: Kabarettist Butzko liebt das Spiel mit Klischees. Womöglich versteht er sich selber, wie er so mit einer hochgeschobenen Cap auf der Bühne der Dischinger ARCHE steht, als Klischee.
Doch der stämmige Butzko ist, neutral formuliert, sehr unterhaltsam. Er verfügt über einen treffenden Humor. Gerne „argumentiert“ er politisch. Er kann aber auch herrlich absurd formulieren, ja manchmal fast literarisch. Und jedenfalls agiert er ziemlich sprachbewusst.
„Sex & Drugs & Knabenchor“ ist beispielsweise so ein Slogan, den er prägt für eines der vorherrschenden Themen unserer öffentlichen Diskussion. Und er bedankt sich bei Guido, dessen Platz in der Regierung „für goldene Jahre des Kabaretts“ garantiere.
Dabei schlachtet er das nicht extensiv aus. Viel lieber beschäftigt er sich mit Angela Merkel und insbesondere ihrer Lebensbeschreibung „Mein Weg“, bei der jede zweite Seite „einen Brüller“ vorhalte. Nun sind die Zitate eher nicht zum Brüllen, aber das aufmerksame Publikum („Bin sehr erfreut, mal wieder in Dischingen zu sein“) merkt doch: So scheinbar proll der laute Butzko daher kommt – er achtet sehr aufs Wort. Und nimmt, insbesondere Regierungsmitglieder, gerne bei diesem.
Und Zitate und Beobachtungen bindet er geschickt ein in den roten Faden seines Programms „Spitzenreiter“. Seit 1997 macht der einstige Schauspieler Kabarett; und seine „Spitzenreiter“ sind eine Art Best of“ – Untertitel: „Höhepunkte und Breitseiten aus vier Programmen“. Da darf er dann gerne auch, köstlich parodierend, den Oggersheimer vergegenwärtigen oder seinen Nachfolger, den „Gashändler aus Hannover“.
Und das alles steht unter dem Leitmotiv, das er unermüdlich wiederholt: „Ändert sich die Welt? Oder nur unsere Sicht auf sie?“ Soll auch heißen: Werden wir einfach alt? Von (Alters-) Weisheit mag er eigentlich nicht reden; eher könnte man eine gewisse Müdigkeit des Urteils annehmen.
Dabei wird er (und mit ihm sein Publikum) herzerfrischend jung, wenn er einige „Dönnekens“ aus Jugendjahren zum Besten gibt. Das können so banale Dinge sein wie das Aufzeichnen alter Hits mittels Tonband und Mikro aus dem Radio – ja, auch sein Publikum erinnert sich und schmunzelt und lacht mit dem 45jährigen über die vermeintliche „stereotype und monotone“ Hochtechnologie früherer Jahrzehnte. Mit denen er dann, in eigenen Nummern und getreu seines Leitmotivs, coole Jugendliche von heute konfrontiert. Zeiten waren das und Zeiten sind das: Der Ruhrpottler ist unsentimental genug, fern aller weichspülenden Nostalgie zu bleiben.
Am Tag vor Dischingen hatte er einen Auftritt in Berlin. Und statt mittags eine Dönerbude zu besuchen, brachte ihn die Assoziation „Gammelfleisch“ dazu, in den Reichstag zu gehen – und schon ist er wieder mitten drin in der aktuellen Politik.
Und er vergisst auch nicht, gleich mal wieder unmittelbar die Dischinger zu integrieren: „Waren sie schon mal inne Stadt?“
Doch dann lobt er das vermeintlich dörfliche Publikum: „Ich merke, mein Wortwitz kommt auch hier an“. Dass auch die kabarettistisch beklagte Wirtschaftskrise hier angekommen ist, hat er in einer seiner gelegentlichen Rollenprosa-Nummern ja schon konstatiert: „Hier sitzt die ausgedünnte Mittelschicht von Dischingen“.
Womöglich mittig die Schicht, doch groß das Vergnügen. Butzko will wieder kommen.